Immer mehr Menschen erkranken an Krebs. Aber trotz des Fortschritts durch bessere Medizintechnik und Medikamente hat sich der Anteil der Krebsausgaben  gemessen an den Gesamtausgaben für Gesundheit  kaum verändert. Foto: © iStock.com/Katarzyna Bialasiewicz Photographee.eu
Immer mehr Menschen erkranken an Krebs. Aber trotz des Fortschritts durch bessere Medizintechnik und Medikamente hat sich der Anteil der Krebsausgaben gemessen an den Gesamtausgaben für Gesundheit kaum verändert. Foto: © iStock.com/Katarzyna Bialasiewicz Photographee.eu

Krebs: Anteil an den Gesamtausgaben bleibt stabil

Seit Jahren wird über Kosten und Nutzen neuer Krebstherapien intensiv diskutiert. Eine Studie hat nun Zahlen vorgelegt. Sie zeigt, dass die Ausgaben für Krebs in Europa, gemessen an den Gesamtausgaben für Gesundheit – mit sechs Prozent seit 1995 weitgehend konstant sind.

Trotz aller Fortschritte: Krebs ist die zweithäufigste Todesursache. Und die Krankheitslast steigt gerade in Europa weiter an, wie die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitgeteilt hat: Sie rechnet im Jahr 2018 mit 4,2 Millionen Fällen. Ein Grund dafür ist auch die Tatsache, dass Krebs eine Alterserscheinung ist (s. Pharma Fakten): Rund zwei Drittel der Betroffenen sind älter als 75 Jahre, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur knapp 11 Prozent beträgt. Nach derzeitigem Erkenntnisstand erkrankt jeder zweite Mann und jede zweite Frau im Laufe des Lebens an Krebs. Denn Europa wird älter.

Es sind diese Zahlen, die Kassandra-Rufern Futter geben. Die simple Formel ist schnell geschrieben: Steigende Zahl der Krebsfälle plus steigende Behandlungskosten gleich Untergang der solidarisch finanzierten Sozialsysteme. Können sich die Länder Westeuropas die Behandlung dieser vielen Menschen noch leisten? In diese meist emotional geführten Debatte will die Studie „The Cost and Burden of Cancer in the European Union 1995 – 2014“ einen Beitrag zur Versachlichung leisten. Dazu haben sich die Wissenschaftler um den Schweden Bengt Jönsson vor allem diese Kostenfaktoren angesehen: die Gesamtausgaben für Gesundheit, die Gesamtausgaben für Krebs, die Ausgaben für Krebsmedikamente und Produktivitätsverluste durch frühzeitigen Tod. Die Studie wurde am Schwedischen Institut für Gesundheitsökonomie durchgeführt – finanziell unterstützt durch fünf forschende Pharmaunternehmen.

Europa: Krebsneuerkrankungen steigen um 30 Prozent, die Sterblichkeit um 11 Prozent

Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit – das gilt insbesondere, wenn man sich anschaut, wie sehr sich die Behandlungsstandards für Krebserkrankungen verändert haben. Diese Dynamik spiegelt sich in den Daten wider, die die Studienautoren analysiert haben. So sorgen steigende Inzidenz-Raten für höhere Ausgaben für Diagnostik und Therapie, „während zurückgehende Sterblichkeit bei Patienten im arbeitsfähigem Alter Produktivitätsverluste mindert“, wie Jönsson und sein Team festhalten. Die Daten zeigen, dass die Zahl der Neuerkrankungen von Krebs (Inzidenz) im Beobachtungszeitraum in Europa um rund 30 Prozent gestiegen ist. Dadurch ist auch die Zahl der Todesfälle gestiegen – um rund 11 Prozent: „Die Krebssterblichkeit ist halb so hoch wie die Krebsinzidenz und die Mortalitäts-Inzidenz-Ratio ist über die Zeit zurückgegangen“, heißt es in der Studie. Das bedeutet: Durch verbesserte Therapien ist die Zahl der Krebstoten (Mortalität) langsamer gestiegen als es durch die Zunahme der Fälle (Inzidenz) zu erwarten gewesen wäre.

Die Ausgaben für Krebs in den untersuchten 28 europäischen Ländern zeigen nach oben: Zu aktuellen Preisen berechnet, haben sie sich zwischen 1995 (35,7 Mrd. €) und 2014 mehr als verdoppelt (83,2 Mrd. €, ein Plus von 133 %). Berücksichtigt man die Inflation, sind die Ausgaben in den zwanzig Jahren um rund 65 Prozent gestiegen. „Der Anstieg mag hoch erscheinen“, schreiben die Gesundheitsökonomen. „Aber er sollte vor dem Hintergrund der 30-prozentigen Zunahme von neudiagnostizierten Fällen […] bewertet werden.“ Auch die Ausgaben für Krebsmedikamente sind gestiegen. Sie lagen im Jahr 2014 europaweit bei rund 19,1 Milliarden Euro. Gaben die Europäer im Jahr 2005 noch 15 Euro pro Kopf für Krebsmedikamente aus, kamen im Jahr 2014 38 Euro zusammen. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben für Krebs ist ansteigend. Gleichzeitig sanken die durch Tumorerkrankungen verursachten Produktivitätsverluste in Europa um 15 Prozent – von 113 Euro (1995) auf 96 Euro (2014). Krebs ist immer besser, immer erfolgreicher zu behandeln.

Seit Jahrzehnten stabil: Anteil der Ausgaben für Krebs an den Gesamtausgaben

©prudkov - stock.adobe.com
©prudkov – stock.adobe.com

Dass Krebs immer mehr kostet, geht auf verschiedene Faktoren zurück, merken die Wissenschaftler an. Dazu beigetragen haben Fortschritte in der Medizintechnik wie neue, bildgebende Diagnoseverfahren, aber auch Screening-Programme für verschiedene Krebsarten, Impfprogramme (z.B. HPV) und innovative Medikamente, die auch die Behandlung von immer mehr Patienten möglich machen. Auffallend ist, dass sich der Anteil der Krebsausgaben gemessen an den Gesamtausgaben für Gesundheit kaum verändert hat: Er lag in der EU im Jahr 1995 bei 5,9 Prozent und zwanzig Jahre später nur 0,2 Prozentpunkte darüber (2014: 6,1 %). Dies ist übrigens ein Trend, der auch in den USA beobachtet wird. In Deutschland liegt der Anteil der Gesamtausgaben für Krebs bei 6,8 Prozent (1995: 6%).

Das Fazit: „Die Krankheitslast von Krebs durch Tod und der Beeinträchtigung des normalen, beschwerdefreien Lebens (DALY) ist wesentlich höher als die Gesundheitsausgaben für Krebs. Die relative Krankheitslast hat über die Zeit zugenommen, während die Ausgaben für Krebsbehandlungen relativ stabil geblieben sind. Die Ausgaben für Krebsmedikamente sind gestiegen, aber es scheint, dass dies durch verminderte Ausgaben bei der stationären Behandlung ausgeglichen wurde.“ Weitere Studien seien notwendig, mahnen die Ökonomen an. Aber: Angesichts der hohen Krankheitslast und der steigenden Zahl der Neuerkrankungen sei der Anteil der Ausgaben für Krebs „rather low“ – eher niedrig.

Weiterführende Links:

vfa-Broschüre: Wie aus Wissen medizinischer Fortschritt wird. Neue Krebsmedikamente.

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: