Aktuelle Daten des RKI zeigen: Die Impfquoten bei Schulanfängern sind weiterhin zu niedrig. Doch die Meinungen  wie Impfquoten zu steigern sind  gehen auseinander. Foto: CC0 (Stencil)
Aktuelle Daten des RKI zeigen: Die Impfquoten bei Schulanfängern sind weiterhin zu niedrig. Doch die Meinungen wie Impfquoten zu steigern sind gehen auseinander. Foto: CC0 (Stencil)

Impfen, damit Infektionskrankheiten keine Schule machen

Impfungen direkt in Schulen anbieten? Das hat Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung, kürzlich gefordert. Der Bedarf ist da: Die Impfquoten sind bei den Schuleingangsuntersuchungen weiterhin zu niedrig, wie aus Daten des Robert Koch Instituts (RKI) hervorgeht. Melanie Huml, bayerische Gesundheitsministerin, hält den Vorstoß von Karliczek trotzdem für keine gute Idee. Sie setzt lieber auf Aufklärung. Anders als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Er will eine Impfpflicht ab 2020 – zumindest bei Masern. Das zeigt: Die Meinungen, mit welchen Maßnahmen Impfquoten zu steigern sind, gehen auseinander.
Die Impfquoten bei Schuleingangsuntersuchungen sind weiterhin zu niedrig. Foto: CC0 (Stencil)
Die Impfquoten bei Schuleingangsuntersuchungen sind weiterhin zu niedrig. Foto: CC0 (Stencil)

„Noch vor 15 Jahren ist praktisch jedes Kind in Deutschland an Windpocken erkrankt“, heißt es in einem Artikel der Ärzte Zeitung. Denn: Sie sind hochansteckend. Ein Blick auf die Webseite des RKI bestätigt das. Vor Einführung der Impfempfehlung gegen Varizellen waren in Deutschland jährlich etwa 750.000 Personen davon betroffen, heißt es da. „Die Mehrzahl der Fälle trat bei Kindern unter 5 Jahren auf.“ Eine Infektion kann böse enden, wenn es zu Komplikationen kommt: „Auftreten können bakterielle Superinfektionen der Haut, Mittelohrentzündung, Bronchitis, seltener auch Lungenentzündungen und sehr selten Erkrankungen des Zentralen Nervensystems […]. Bei Erkrankungen in der Schwangerschaft kann ein Fehlbildungssyndrom […] auftreten. Erkrankungen von Neugeborenen sind besonders gefährlich“, so das RKI.

Seit 2004 wird allen Kindern daher eine Varizellen-Impfung empfohlen. „Die generelle Impfempfehlung hat nicht nur dazu beigetragen, die hohen Erkrankungszahlen an Varizellen in Deutschland zu reduzieren. Auch die Zahl der Varizellen-assoziierten Komplikationen und der Hospitalisierungen ist stark rückläufig“, wissen die RKI-Experten. 

Impfquoten bei Schuleintritt: ausbaubar

Die an das RKI übermittelten Impfquoten bei den Schuleingangsuntersuchungen in Deutschland 2017 zeigen jedoch: Sie liegen bei den in den letzten 15 Jahren eingeführten Impfungen (u.a.: Varizellen, Meningokokken C, Pneumokokken) auf Bundesebene alle unter 90 Prozent; in manchen Bundesländern sogar unter 80 Prozent. Zwar sind sie bei den Vakzinen, die schon länger empfohlen sind, „in den letzten zehn Jahren mit über 90% auf hohem Niveau“. Laut RKI ist aber „bereits im dritten Jahr in Folge ein Rückgang der Impfquoten bei Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hib, Poliomyelitis und Hepatitis B zu verzeichnen.“ 

Dabei gilt zu berücksichtigen: Die Impfquoten wurden auf Basis der Kinder, deren Eltern bei der Schuleingangsuntersuchung einen Impfpass vorlegen konnten, berechnet. Sie stellen daher „vermutlich eine leichte Überschätzung der erzielten Impfquoten dar“, so das RKI. „Daten zum Impfstatus von Kindern ohne Impfausweis liegen nicht bundesweit vor.“

Masern: Impfplicht oder nicht?

Viel diskutiert ist aktuell die Masern-Impfquote – denn Deutschland erreicht nach wie vor nicht das Impfquoten-Ziel von mindestens 95 Prozent mit zwei Dosen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fordert daher, dass die Masern-Impfung in Kindergärten und Schule ab 2020 verpflichtend wird. Melanie Huml, die schon von dem Vorschlag von Karliczek, Impfungen in die Schulen zu bringen, nichts hält, lehnt auch das vorerst ab. Sie möchte Aufklärungskampagnen den Vorzug geben. Ähnlich denkt Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche: „Spahn sollte auf Überzeugung und niedrigschwellige Angebote setzen, statt auf Zwang“, meint sie. 

Und auch die Psychologin Prof. Dr. Cornelia Betsch, die das “Psychology and Infectious Diseases Lab (PIDI Lab)” an der Universität Erfurt leitet, fragt auf Twitter: „Ist wirklich ALLES getan, bevor eine Impfpflicht eingeführt werden soll?“ Sie verweist dabei auf eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): „75% der Erwachsenen unter 50 wissen nicht, dass sie ihren Impfstatus prüfen sollen, 61% sagen, niemand hat es ihnen gesagt“, heißt es im Tweet. Wie mit sinkenden, stagnierenden oder unzureichenden Impfquoten umgehen? Die Meinungen dazu gehen auseinander.

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