Impfungen haben in unserer Gesellschaft ein Akzeptanzproblem. Foto: CC0 (Stencil)
Impfungen haben in unserer Gesellschaft ein Akzeptanzproblem. Foto: CC0 (Stencil)

Ist das Einkommen hoch, sinkt die Impfquote

In den wohlhabenderen Teilen Deutschlands ist die Impfskepsis besonders groß. Dies ist Ergebnis einer Studie des Versorgungsatlasses, einer Einrichtung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung. Am Beispiel der Impfungen gegen Masern und Meningokokken-C (Erreger von Hirnhautentzündungen) hatte sich gezeigt: Nirgendwo sonst hierzulande sind die Kinder so schlecht vor diesen Krankheiten geschützt wie im Süden von Bayern und Baden-Württemberg.

Nur 36 bis 42 Prozent der Kinder in den bayerischen Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Bad Tölz und Rosenheim erhalten die erforderlichen zwei Impfungen gegen Masern – und folgen den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Ähnlich sieht es in Baden-Württemberg aus: In Ravensburg und Freiburg liegen die Impfquoten ebenfalls weit unter dem Bundesdurchschnitt von immerhin 88,1 Prozent.

Damit gilt weiterhin: Impfungen haben in unserer Gesellschaft ein Akzeptanzproblem – denn sie sind Opfer ihres eigenen Erfolges. Werden Krankheiten ausgerottet oder zumindest zurückgedrängt, sinken in der Öffentlichkeit die Ängste vor diesen Erkrankungen. Die Nebenwirkungen von Impfungen treten in den Fokus. Dabei wird oft vergessen: Impfungen gehören „zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen“, wie auch das Robert-Koch-Institut nicht müde wird zu betonen.

Ob jemand geimpft ist oder nicht, hängt heute also weniger von der jeweiligen Krankheit ab, sondern ist eher eine Sache der allgemeinen Einstellung. Dies bestätigt auch die Studie des Versorgungsatlasses. Darin heißt es: „Je höher bzw. niedriger die Impfquote einer Impfung war, desto höher/niedriger war auch die Impfquote der anderen Impfung.“ Sprich: In Regionen, in denen viel gegen Masern geimpft wird, sind auch die Impfquoten bei Meningokokken-C relativ hoch. Und umgekehrt.

 

Süddeutschland: Impfverweigerung als „Nachbarschaftseffekt“

Besonders deutlich zeigte sich das in Süddeutschland (Bayern und Baden-Württemberg): Hier „gibt es eine größere zusammenhängende Region, in der die Impfquoten beider Impfungen sowohl im jeweils betrachteten Kreis als auch in den jeweils angrenzenden Kreisen signifikant niedriger waren als im übrigen Deutschland“, heißt es in der Studie. Ausgenommen davon sei lediglich der Großraum München (s. Grafik).

Damit sehen sich die Wissenschaftler des Versorgungsatlasses in ihrer Vermutung bestätigt: Es kann ein regionsspezifisches Impfverhalten geben, „welches sich auf die Inanspruchnahme bzw. Nicht-Inanspruchnahme mehrerer Impfungen auswirkt.“ In diesem Fall scheint das mit dem Wohlstand der ansässigen Menschen zusammenzuhängen. So sind laut der Studie Impfkritiker vor allem in den Regionen anzutreffen, in denen das Haushaltseinkommen hoch, die Arbeitslosenquote niedrig und die sozioökonomische Belastung gering ist.

Dies könnte darauf hinweisen, „dass gerade in besser gestellten Milieus die individuelle Auseinandersetzung mit der Impfung des Kindes eine hohe Bedeutung hat“, so die Wissenschaftler. Warum dies in Regionen wie dem Süden von Bayern und Baden-Württemberg jedoch eher zu einer impfkritischen Haltung führt, ist den Wissenschaftlern noch nicht klar. Eine mögliche Ursache könnte aber die Einstellung der Ärzte gegenüber Impfungen sein: Sie ist in Südbayern ebenfalls wesentlich negativer als im übrigen Deutschland. 

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