Wie erreicht man bessere Impfquoten? Acht Impf-Experten zur Podiumsdiskussion in München. Foto: © iStock.com/gopixaa (www.ohlenschlaeger.info)
Wie erreicht man bessere Impfquoten? Acht Impf-Experten zur Podiumsdiskussion in München. Foto: © iStock.com/gopixaa (www.ohlenschlaeger.info)

Impfstoffherstellung: Nur etwas für Experten

Die Herstellung eines Impfstoffs kann bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen. Denn die Anforderungen an Sicherheit und Qualität sind besonders hoch.

Moderne Impfstoffe können eine ganze Menge. Statt vor ehemals einer, schützen sie heute meist gleich vor mehreren Krankheiten oder mehreren Stereotypen (Untergruppen von Mikroorganismen, die sich in ihren antigenen Eigenschaften unterscheiden.) eines Erregers. Immer bessere Reinigungsverfahren sorgen dafür, dass Nebenwirkungen reduziert werden können. „Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich und unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen werden nur in seltenen Fällen beobachtet“, heißt es beim Robert Koch-Institut (RKI).

Die Idee hinter einer Impfung ist eigentlich ganz einfach: Sie soll dem Körper helfen, sich zu wehren. Diese Vorhaben sachgerecht und sicher umzusetzen, ist hingegen alles andere als einfach: „Lange Vorlaufzeiten sind bei der Herstellung von Vakzinen keine Seltenheit“, sagt Elsie Soto, beim Pharmaunternehmen Pfizer für Impfstoffe zuständig. Einen Konjugatimpfstoff zu produzieren, der gegen 13 verschiedene Serotypen wirkt, um einer Infektion mit Pneumokokken vorbeugen zu können, ist trotz modernster Technik und Wissenschaft eine Herausforderung: „Das ist so, als würden wir 13 verschiedene Impfstoffe herstellen. Der Herstellungsprozess ist in 581 einzelne Schritte aufgeteilt.“

Grob lässt sich die Impfstoffherstellung in fünf Schritten nachvollziehen:

  • Als erstes muss ein Antigen hergestellt werden, das die Immunantwort auslösen soll. Dafür müssen Proteine oder die DNA eines Krankheitserregers (Viren oder Bakterien) gezüchtet werden. Das passiert in Zellkulturen, in Bioreaktoren oder – wie im Fall der meisten Grippeimpfstoffe – in Hühnereiern.
  • Als nächstes muss das Antigen isoliert, sprich, von den Zellen oder Proteinen, in denen es gewachsen ist, getrennt werden. Dabei soll so viel Antigen wie möglich „geerntet“ werden.
  • Anschließend muss das Antigen gereinigt werden. Das geschieht in mehreren Prozessen – abhängig von der Größe der Proteine, deren Bindungseigenschaften und ihrer biologischen Aktivität.
  • Nun werden weitere Komponenten hinzugefügt. Das können Adjuvanzien sein, um die Wirkung des Antigens zu verstärken, oder Stabilisatoren, um die Wirkdauer des Impfstoffs zu verlängern. Im Falle von Kombinationsimpfstoffen werden weitere Komponenten hinzugefügt.
  • Zu guter Letzt werden die Impfstoffe mit größter Sorgfalt abgefüllt und verpackt.

Qualitätskontrollen: Fast 700 Tests

Impfstoffe unterliegen besonderen Qualitätskontrollen, die den gesamten Produktionsprozess durchziehen. „Wir führen allein für unseren Konjugatimpfstoff 678 Tests durch, bevor er freigegeben ist. Qualität und Sicherheit ist alleroberste Priorität“, sagt Elsie Soto.

Immer wieder gibt es bei Impfstoffen Meldungen über Lieferengpässe. Die Gründe dafür können viele sein – vom Ausfall einer Produktionsanlage bis zu Verunreinigungen, die die Zulassung einer Charge von Impfstoffen verzögern oder sogar ganz verhindern können. Wegen der langen Vorlaufzeiten ist es in der Regel nicht möglich, kurzfristig Ersatz zu beschaffen. Das Beispiel Grippeimpfstoffe zeigt das deutlich: Die gesamte Produktionsdauer beträgt ungefähr ein halbes Jahr. Die Saison ist in der Regel fast vorbei, bis ein neuer Impfstoff in nennenswerten Mengen zu Verfügung steht.

Manchmal liegt es aber auch schlicht an dem weltweit steigenden Bedarf – u.a. weil immer mehr Menschen weltweit Zugang zu Impfstoffen haben. Eigentlich eine gute Nachricht – aber für die Menschen und Unternehmen, die für die Produktion von Impfstoffen verantwortlich sind, auch eine echte Herausforderung. Denn der Aufbau neuer Produktionskapazitäten braucht Zeit. „Je nachdem, wie groß die Kapazitätsausweitung sein soll, muss man vier bis fünf Jahre veranschlagen, um eine Anlage zu planen und genehmigen zu lassen, den Maschinenpark anzuschaffen und qualifizierte Arbeitskräfte einzustellen und zu schulen“, sagt Elsie Soto. „Eine Impfstoffanlage auf der grünen Wiese braucht gut drei Jahre, bis sie steht. Und auch die Maschinen dafür gibt es nicht von der Stange. Die Vorlaufzeiten können schon mal bis zu 20 Monate in Anspruch nehmen.“

Weitere Informationen zum Thema:

https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/impfstoffe-schuetzen-dem-koerper-helfen-sich-zu-wehren.html/_7-impfstoffforschung-produktion-europa-ist-fuehrend 

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