Interessenkonflikte sind im Gesundheitswesen nicht ungewöhnlich. Sie entstehen oftmals von selbst, wenn sich etwa in Forschungsprojekten und den gesetzlich vorgeschriebenen klinischen Studien Ärzte und Pharmaunternehmen über Produkteigenschaften und Erfahrungen austauschen. „Interessenkonflikte lassen sich nie völlig vermeiden. Sie liegen in der Natur der Sache, dem Kontakt zwischen Ärzten und Pharmaunternehmen, wenn die Wirksamkeit neuer Wirkstoffe oder Verfahren in der Klinik getestet und analysiert werden“, sagt Prof. Hans-Christoph Diener, Leitlinienexperte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Um auch in diesem Bereich für Transparenz zu sorgen, gibt es ein eigenes Regelwerk.
Klarheit bei Erstellung Ärztlicher Leitlinien
Der Dachverband Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich-Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat im Jahr 2010 mit der „Erklärung von und Umgang mit Interessenkonflikten bei Leitlinienvorhaben“ eigene Handlungsleitlinien eingeführt. Damit sorgen die ärztlichen Fachgesellschaften für Klarheit bei der Erstellung von Ärztlichen Leitlinien.
Das Finanzierungskonzept der Leitlinienentwicklung sowie alle Interessenkonflikte der Beteiligten in sämtlichen Gremien müssen offengelegt werden. Angaben dazu sind vorab auf einem Formblatt zu erklären, sie werden in der Leitlinie aufgeführt. Über den Grad der Befangenheit entscheiden die Präsidien oder Kommissionen der Fachgesellschaften. Als Autoren werden nur Personen ohne Interessenkonflikt zugelassen, Industrievertreter höchstens in beratender Funktion. „Liegen Interessenkonflikte bei Mitgliedern des Autorenteams vor, enthalten sie sich bei Abstimmungen entsprechend“, erläutert Prof. Diener das Verfahren bei der DGN. Fertiggestellte Leitlinien mit intransparenter Finanzierung oder Interessenkonflikten von Beteiligten werden nicht in das AWMF-Register aufgenommen.
AWMF prüft Leitlinien
Die AWMF registriert, katalogisiert und prüft die Leitlinien. „Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie auf in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin. Sie sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen“, erklärt Prof. Dr. Ina Kopp. Sie ist Leiterin des Institutes für Medizinisches Wissensmanagement in Marburg (AWMF-IMWi), das die Arbeit an den Leitlinien für die AWMF koordiniert. „Aktuell umfasst unser Register knapp 700 Leitli-nien aus den verschiedenen Fachgesellschaften.“
Im Gegensatz zu Richtlinien sind Leitlinien rechtlich nicht bindend. Die Leitlinien lassen dem behandelnden Arzt bewusst die notwendige Handlungsfreiheit, um den Patienten seinen individuellen Erfordernissen entsprechend behandeln zu können.