Antibiotika-Verordnungen rückläufig

Im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen ist das eine gute Nachricht: Ärzte in Deutschland verordnen immer weniger Antibiotika. In den letzten vier Jahren ist ein rückläufiger Trend zu beobachten. Das gilt insbesondere bei Kinder- und Jugendmedizinern.

Wie das Beratungsunternehmen IQVIA feststellt, „wurden im Jahreszeitraum August 2015 bis Juli 2016 von niedergelassenen Ärzten noch etwas mehr als 36 Mio. Antibiotikaverordnungen ausgestellt, im entsprechenden Einjahreszeitraum bis Ende Juli 2019 waren es nur noch gut 29 Mio. Verordnungen.“ Eine Reduktion von rund 19 Prozent. Außerdem scheint es, dass der rückläufige Trend von Jahr zu Jahr zunimmt. Verringerte sich das Verordnungsvolumen anfangs (bis Ende Juli 2017) nur um etwa ein Prozent, waren es von 2018 auf 2019 schon fast zwölf Prozent.

Den Großteil der Antibiotikaverordnungen stellen laut IQVIA Allgemeinärzte aus – gefolgt von Pädiatern und HNO-Ärzten. Vor allem das veränderte Verschreibungsverhalten von Kinder- und Jugendmedizinern ist jedoch auffallend: Bei ihnen wurde ein überdurchschnittlicher Rückgang des Antibiotikavolumens festgestellt. Um mehr als 22 Prozent nahm die Zahl der Verschreibungen für Patienten bis 14 Jahre zwischen 2016 und 2019 ab.

Einfache bakterielle Infektionskrankheiten können zu einer Bedrohung für das eigene Leben werden. Foto: CC0 (Stencil)
Einfache bakterielle Infektionskrankheiten können zu einer Bedrohung für das eigene Leben werden. Foto: CC0 (Stencil)

Falscher Antibiotikaeinsatz begünstigt Entwicklung von Resistenzen

In einer Zeit, die vom Kampf gegen Antibiotikaresistenzen und einer zunehmenden Verbreitung multiresistenter Keime geprägt ist, ist das eine „ausgesprochen begrüßenswerte Entwicklung“, so IQVIA. Zwar ist es durchaus normal, dass Bakterien im Laufe der Zeit Resistenzen entwickeln; sie wollen schließlich überleben. Doch werden Antibiotika falsch oder zu häufig eingesetzt, begünstigt das diesen Prozess unnötigerweise. Die Gefahr: Einfache bakterielle Infektionskrankheiten können zu einer Bedrohung für das eigene Leben werden – weil die einst so wirksamen Medikamente nicht mehr wirken. 

EU-weite Umfrage unter Gesundheitsfachkräften: Wissenslücken

Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC macht darauf aufmerksam, dass beim Kampf gegen resistente Keime das medizinische Fachpersonal eine wichtige Rolle spielt. Sie hat deshalb europaweit Ärzte, Pharmazeuten, Krankenschwestern und andere Fachkräfte zu ihrem Wissensstand in Sachen Antibiotikaresistenzen befragt. Die gute Nachricht: Das Wissen über und das Bewusstsein für das Thema sind relativ hoch. 89 Prozent der Befragten sehen eine Verbindung zwischen dem Verschreiben und Verabreichen von Antiinfektiva und der Ausbreitung von Resistenzen. Und fast jeder der Befragten (97 Prozent) weiß, dass Antibiotika nicht bei durch Viren verursachten Erkrankungen helfen. Aber nicht einmal zwei Drittel der Gesundheitsfachkräfte (58 Prozent) sind der Meinung, dass sie eine entscheidende Rolle dabei spielen, Antibiotika-Resistenzen einzudämmen.

Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, sieht das anders. Er betont, dass Gesundheitsfachkräfte gar eine „Schlüsselrolle“ spielen. In Bezug auf die Umfrage sagt er: „Sie zeigt zwar, dass das Gesamtwissen über Antibiotikaresistenzen gut ist, unterstreicht aber auch die Notwendigkeit, mehr Anstrengungen zu unternehmen, um das Wissen in die Praxis umzusetzen.“ Dabei gehe es in erster Linie darum, beim Verordnen der Medikamente bedacht vorzugehen und die Prävention von Infektionen zu verbessern.

teilen
teilen
teilen

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: