Gemeinsam kann man viel erreichen. Das zeigt der „Bayerische Pharmagipfel“, der zum ersten Mal im Jahr 2015 ins Leben gerufen wurde. Seitdem haben die Partner so einige Forderungen gestellt, wieder überarbeitet, Maßnahmen vorgeschlagen, Ziele formuliert – für eine bessere, sichere Arzneimittelversorgung. Manches davon wurde inzwischen gar auf Bundesebene aufgegriffen. Dazu gehört etwa die Einführung der steuerlichen Forschungsförderung.
Auch die COVID-19-Pandemie hat „deutlich gemacht, dass Hindernisse und Schwierigkeiten am besten gemeinsam überwunden werden können“, heißt es in der Erklärung, die der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert sowie Vertreter:innen der Pharma-Verbände vfa, BPI, Pro Generika, B.A.H und BIO Deutschland am 9. November 2021 in Martinsried im Landkreis München unterzeichneten.
In dem Papier legen sie dar, wo noch Handlungsbedarf besteht – gerade vor dem Hintergrund der Coronakrise.
Arzneimittelausgaben: Investition in Gesundheit
In der Pandemie habe sich die „Schlüsselrolle“ der pharmazeutischen Industrie „besonders eindrücklich“ offenbart. „Biotechnologie-/Pharmaunternehmen haben erfolgreich Impfstoffe und Therapien gegen das Corona-Virus sowie Diagnostika entwickelt und forschen weiterhin in diesem Bereich.“ Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Beispiele für die Tatsache, dass sich die Therapie für viele Patient:innen in den vergangenen Jahren verbessert hat – sei es bei Hepatitis C (seit 2014 heilbar) oder Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Krebs (immer besser behandelbar).
Arzneimittel gilt es daher „nicht nur als Kostenblock“ zu betrachten, „sondern als Investition in die Gesundheit unserer Gesellschaft.“ Nur so kann „die Balance zwischen Finanzierbarkeit und ausreichenden Anreizen für Innovation und Versorgung für die Pharmaindustrie“ gesichert werden.
Reformen im Arzneimittelmarkt sollten „darauf ausgerichtet sein, die Funktionsfähigkeit dieses Innovationssystems zu erhalten oder weiter zu verbessern.“ Bei künftigen Herausforderungen, die etwa „durch besonders hochpreisige Arzneimittel für kleine Patientengruppen“ entstehen, müssten „zielgerichtete Nachbesserungen der bestehenden Systematik erfolgen.“ Da sind zum Beispiel innovative Gentherapien, die „mit der Aussicht auf Heilung bei schwersten Erkrankungen“ verbunden sind: Hier ließen sich verstärkt die Möglichkeiten neuer Erstattungsmechanismen nutzen. Dazu zählen Pay-for-Performance-Modelle, bei denen die Vergütung der pharmazeutischen Unternehmen vom Therapieerfolg abhängig ist.
„Eine nachhaltig finanzierbare Gesundheitsversorgung liegt im Interesse aller Beteiligten“, betonen die Partner in der Gemeinsamen Erklärung.
Und: „Die pharmazeutische Industrie ist selbst ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit hoher Wertschöpfung und vielen Arbeitsplätzen, den es zu stärken gilt.“
Innovationen: Auf die Rahmenbedingungen kommt es an
Wirtschaftsstaatssekretär Weigert sagte bei der Unterzeichnung des Papiers: „Es kommt jetzt auch auf entschlossenes Handeln der zukünftigen Bundesregierung an. Für eine innovative und resiliente Arzneimittelindustrie brauchen wir geeignete Rahmenbedingungen.“ Besonders wichtig sei der „Erhalt des Patentschutzes als Innovationsanreiz“. Zudem brauche es Verbesserungen in Bezug auf die klinische Forschung, „die durch überbordende Bürokratie behindert wird.“
Gesundheitsminister Holetschek unterstrich, wie wichtig „eine möglichst breite Basis an Gesundheitsdaten“ für die Forschung ist. „Je mehr wir wissen, desto bessere Therapien können entwickelt werden.“
Aus diesem Grund schlagen die Partner des Bayerischen Pharmagipfels ein „Opt-Out Modell“ vor. Das heißt konkret: „Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) sollen zu Forschungszwecken genutzt werden können – es sei denn, die Patientin oder der Patient entscheidet sich gegen eine Nutzung der ePA oder für eine Löschung der Daten“, so Holetschek. „Die Versicherten sollen ihre Daten also ganz klar weiterhin selbst in der Hand haben.” Oliver Kirst, Geschäftsführer Servier Deutschland GmbH und Vorstand des BPI-Landesverbands Bayern, ergänzte: „Die standardisierte Weitergabe von Gesundheitsdaten aus der elektronischen Patientenakte an das Forschungsdatenzentrum würde eine fundiertere Versorgungsforschung ermöglichen und damit wertvolle Erkenntnisse für eine noch bessere Gesundheitsversorgung liefern.”
Politik und Wirtschaft: Gemeinsam für eine sichere Arzneimittelversorgung
Die Staatsregierung bekannte sich dazu, den Austausch mit der pharmazeutischen Industrie aufrechterhalten zu wollen. Holetschek: „Die Pandemie hat unser Bewusstsein für die Bedeutung unserer Gesundheit weiter geschärft – und damit für die zentrale Rolle wirksamer Medikamente und Impfstoffe. Wir werden den erfolgreichen Dialog mit der pharmazeutischen und biotechnologischen Industrie daher auch weiterhin intensiv fortführen.“