„Es ist egal, ob Du jung oder alt bist, es ist egal ob Du rauchst oder nicht: Das Risiko ist da.“ So fasst einer der Autoren der Studie, Professor Ziyad Al-Aly von der Washington University in St. Louis, USA, im Fachmagazin Nature die Ergebnisse zusammen: Selbst ein Jahr nach einer durchgestandenen COVID-19-Erkrankung haben die Betroffenen ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall als Menschen, die bisher von der Pandemie verschont wurden.
Dafür haben die Wissenschaftler:innen die Daten von rund 150.000 US-Veteranen zusammengetragen, die mindestens 30 Tage nach ihrer COVID-19-Erkrankung noch lebten. Diese haben sie dann in Beziehung gesetzt zu rund 5,6 Millionen nicht infizierten Menschen, die die medizinischen Einrichtungen für Veteranen während der Pandemie genutzt haben, und weiteren 5,9 Millionen Menschen, die das vor der Pandemie taten. Die Studie „Long-term cardiovascular outcomes of COVID-19“ ist in Nature erschienen.
Die Ergebnisse sind aus zwei Gründen bemerkenswert:
- Da ist zum einen die Höhe des Risikos: Menschen, die sich von COVID-19 erholt haben, zeigen eine starke Zunahme bei zwanzig verschiedenen kardiovaskulären Problemen wie Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen oder Entzündungen des Herzbeutels (Perikarditis). So ist beispielsweise ihr Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um 52 Prozent höher als in der Kontrollgruppe. Konkret heißt das, dass auf rund 1.000 der in der Studie berücksichtigten Menschen statistisch vier zusätzliche Schlaganfälle erfolgen. Das Risiko von Herzversagen ist sogar um 72 Prozent erhöht (12 zusätzliche Fälle auf 1.000).
- Zum anderen ist bemerkenswert, wie lange nach einer überstandenen COVID-19-Erkrankung das Risiko anhält. Bisher war bekannt, dass eine durch SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung in der Akutphase unmittelbar zu kardiovaskulären Problemen führen kann. Diese Studie zeigt aber den Effekt der Infektion auf Long-COVID: Die Pandemie wirft einen langen Schatten (Pharma Fakten berichtete).
In der Studie heißt es: „Die Risiken sind klar ersichtlich – und zwar unabhängig von Alter, race,* Geschlecht und anderen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes, chronische Nierenerkrankung und Hyperlipidämie. Sie sind außerdem sichtbar bei Menschen, die vor ihrer Infektion kein kardiovaskuläres Risiko hatten.“
Impfen: Die beste Strategie gegen Long-COVID
Für die Autor:innen ist klar, dass die „Strategie zur Vermeidung von SARS-CoV-2-Infektionen“ optimiert werden muss: „Die beste Methode, Long-COVID und seine unzähligen Komplikationen zu vermeiden, inklusive des Risikos schwerer kardiovaskulärer Folgeerkrankungen, ist in erster Linie die Vermeidung von SARS-CoV-2-Infektionen.“ Gelingt das nicht, droht den Gesundheitssystemen auch nach Abklingen der Pandemie eine erhebliche Belastung.
Auf die Gefahr hin, sich an dieser Stelle zu wiederholen: Die persönliche Chance, dem langen Schatten der Pandemie zu entgehen, ist geimpft am größten. Die Impfung ist eine Lebensversicherung, wie Daten aus dem größten Impfprogramm der Menschheitsgeschichte zeigen. Alles andere ist im Grunde Russisch-Roulette.
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*Das englische race meint eine soziokulturelle, politische Konstruktion von Weißsein und Schwarzsein bzw. Nicht-Weißsein. Es kann nicht mit “Rasse” übersetzt werden, da das im Deutschen mit einem wissenschaftlich nicht haltbaren biologistischen Konzept von “Menschenrassen” verbunden ist: https://pharma-fakten.de/glossar/detail/race/.