Mit markigen Worten hat der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas die angekündigte Marktrücknahme des Insulins von Novo Nordisk kommentiert. „Patienten werden durch dieses verantwortungslose Verhalten stark verunsichert“, erklärte der TK-Chef in einer Pressemitteilung.
Gescheiterte Preisverhandlungen mit GKV-Spitzenverband
Der Arzneimittelhersteller hatte nach gescheiterten Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband und dem Urteil der Schiedsstelle beschlossen, sein Produkt vom deutschen Markt zu nehmen. „Wir haben Lösungsvorschläge unterbreitet, die völlig im Einklang mit den Vorgaben des AMNOG stehen. „Es ist sehr schwer zu verstehen, warum der GKV-Spitzenverband unsere Angebote abgelehnt hat, durch die er Millionen von Euro gespart und – noch wichtiger – verhindert hätte, dass eine wichtige Behandlungsoption für Menschen mit Diabetes nicht länger in Deutschland verfügbar sein wird“, erklärte Krisja Vermeylen, deutsche Geschäftsführerin von Novo Nordisk, in einer Pressmitteilung. Dies sei eine überaus beunruhigende Entwicklung – sowohl für Menschen, die auf eine Insulintherapie angewiesen sind, als auch für ihre behandelnden Ärzte.
Die Marktrücknahme bedeutet künftig eine Umstellung für rund 40.000 Diabetes-Patienten. Doch Ärzte müssen sie nicht abrupt auf ein anderes Präparat einstellen. Um eine sichere Neueinstellung zu gewährleisten wird Novo Nordisk das Medikament erst nach drei Monaten aus dem Markt nehmen.
Fachärzte drängen auf AMNOG-Reformen
Nach mehreren Marktrücknahmen bei Diabetes-Präparaten fordern Fachärzte Reformen beim AMNOG-Verfahren. Sie wollen eine Einbindung der Fachgesellschaften erreichen. „Ohne die Erfahrungen der behandelnden Ärzte kann keine wissenschaftlich und therapeutisch sinnvolle Entscheidung getroffen werden, welche Medikamente erstattet werden und welche nicht“, erklärte Prof. Dr. Baptist Gallwitz, neuer Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), gegenüber der Ärzte Zeitung. Zu häufig seien in der Vergangenheit Anliegen des AMNOG zu Lasten der Therapiesicherheit gegangen.
Zuvor hatte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in einer Analyse (6. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO) die Auswirkungen der starren Methodik bei der frühen Nutzenbewertung kritisch hinterfragt. „Es besteht die berechtigte Sorge der medizinischen Fachgesellschaften, dass therapeutische Innovationen aufgrund formaler Kriterien in der Methodologie der Zusatznutzenbewertung nicht ausreichend gewürdigt und berücksichtigt werden“, lautete bei der Vorstellung der Analyse das Resümee von Prof. Dr. Thomas Berg.
G-BA sieht Medikamente gegen chronische Krankheiten benachteiligt
Beim G-BA scheint derweil die Einsicht zu wachsen, dass es Antidiabetika im aktuellen AMNOG-Verfahren wohl zu schwer haben. Der Vorsitzende Prof. Dr. Josef Hecken hatte in der Vergangenheit „Unwuchten im System“ ausgemacht. Beim „Expertenforum Diabetes“ in Berlin räumte er nach einem Bericht der Ärzte Zeitung ein, dass derzeit ein Zusatznutzen für Präparate gegen chronische Erkrankungen schwer zu belegen sei. Der Vergleich mit preisgünstigen Generika berge für Hersteller außerdem hohe Risiken bei den Preisverhandlungen.