Was ist ein menschliches Lebensjahr wert? Dieser Frage sind Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nachgegangen. Foto: © iStock.com/AndreyPopov
Was ist ein menschliches Lebensjahr wert? Dieser Frage sind Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nachgegangen. Foto: © iStock.com/AndreyPopov

Teuer erkauft

Pharmaunternehmen in Bayern sind von nationalen Spargesetzen zur Eindämmung der Arzneimittelausgaben besonders stark betroffen. Warum? Weil in Bayern mehr als in anderen Bundesländern für Deutschland produziert und vermarktet wird. Dies ergibt die Studie „Die Entwicklung der Pharmazeutischen Industrie in Bayern – Standortanalyse 2015“ des BASYS-Instituts, die die Pharmainitiative Bayern in Auftrag gegeben hat. Das zeigt: Gerade Unternehmen mit hohem Inlandsgeschäft sind auf gute Rahmenbedingungen des deutschen Marktes angewiesen.

Über die Hälfte (53 %) ihres Umsatzes erwirtschaftet die bayerische pharmazeutische Industrie in Deutschland, so die BASYS-Studie. Dass das besonders viel ist, zeigt der deutschlandweite Vergleich: Hier liegt der Inlandsanteil der Unternehmen bei nur einem Drittel (34,9 %). Der Großteil (65,1 %) ihres Geschäfts läuft also über den Export.

Für den Freistaat heißt das: „Wenn in Berlin Spargesetze beschlossen werden, benachteiligt das insbesondere bayerische Pharmaunternehmen. Sie sind stärker belastet als Unternehmen, die in anderen Bundesländern angesiedelt sind“, so Han Steutel, Vorstandsvorsitzender des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) und Sprecher der Pharmainitiative Bayern.

Bayern besonders stark betroffen

Welch tiefen Fußabdruck das schon jetzt in der Gesamtbilanz der Firmen hinterlassen hat, hat der Geschäftsführer des BASYS-Instituts und Studienautor Markus Schneider nachgerechnet: Demnach minderten sich die Erlöse der bayerischen Pharma-Industrie im Beobachtungszeitraum von 2010 bis 2015 kumuliert um insgesamt 2,064 Milliarden Euro. Grund sind die Preissenkungsgesetze der vergangenen Jahre – von Preismoratorien über Zwangsrabatte bis hin zu niedrigen AMNOG-Erstattungspreisen. Schneider geht davon aus, dass die hohen Belastungen der Branche durch gesetzliche und vertragliche Rabatte seit 2009 Investitionen verhinderten.

„Der Wunsch, in den Sozialkassen kurzfristige Entlastungen zu erreichen, wird damit […] teuer erkauft: Er schadet vor allem dem Wirtschaftsstandort Bayern“, führt Steutel aus. Angesichts des hohen Inlandsanteils des Bundeslandes ist das letztendlich zum Nachteil für Gesamtdeutschland.

Weniger Forschung & Entwicklung

Und es ist zum Nachteil der Patienten: „Spareingriffe führen zwangsläufig dazu, dass Investitionsentscheidungen verschoben oder sogar gestrichen werden, denn Forschung wird aus den laufenden Einnahmen der Unternehmen finanziert. Die Folge: Pharmazeutische Innovationen kommen verspätet – und schlimmstenfalls gar nicht in der Versorgung an.“ Schneider unterstützt diese Aussage des vfa-Chefs mit Zahlen: „Als Folge der Zwangsrabatte wurden in ganz Deutschland F&E-Aufwendungen und Ausrüstungsinvestitionen von schätzungsweise über vier Milliarden Euro unterlassen.“

Letztlich gilt immer: Gerade die Unternehmen, die in Deutschland für Deutschland produzieren und vermarkten, sind auf gute Rahmenbedingungen des Inlandsmarktes angewiesen. Kurzfristig gedachte Sparmaßnahmen sind daher teuer erkauft – denn sie schaden dem gesamten Wirtschaftsstandort.

Weiterführende Links:
http://www.pharmainitiative-bayern.de/startseite/

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