Das Ebola-Virus bestimmt seit Monaten die Schlagzeilen. Besonders in den USA wächst die mediale Hysterie nach der Ansteckung einer zweiten Krankenschwester mit dem gefährlichen Virus auf amerikanischem Boden. In den drei betroffenen Ländern Westafrikas (Guinea, Sierra Leone und Liberia) steigt die Zahl der Ebola-Fälle sprunghaft an. Nach Angaben der US-Behörde Center for Disease Control (CDC) sind mittlerweile knapp 9.000 Menschen mit dem Virus infiziert. Das sind fast vier Mal so viele wie bei den 14 bekannten Ebola-Ausbrüchen seit der Entdeckung des Virus 1976.
Ein wirksames Heilmittel gegen Ebola wird dringend benötigt. Die Entwicklung gestaltete sich in der Vergangenheit jedoch äußerst schwierig. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung hatte die Forschung nach einer Arznei gegen Ebola bislang keine Priorität. Neue Wirkstoffe zur Behandlung hätten zudem nicht umfassend an Menschen erprobt werden können. Die Hoffnungen liegen deshalb nun auf einigen experimentellen Therapieansätzen.
ZMapp – Tabak oder Hamster
ZMapp gilt als ein vielversprechender Wirkstoff gegen Ebola. Dabei handelt es sich um ein Serum aus im Labor hergestellten Ebola-Antikörpern, die sich an das Virus anheften und es von der Reproduktion abhalten sollen. Vor der jetzigen Ebola-Epidemie wurde das Mittel an Affen getestet – mit guten Ergebnissen. Während der aktuellen Epidemie wurden bisher sieben Menschen mit ZMapp behandelt. Zwei von ihnen erlagen ihrer Erkrankung. Ein maßgebliches Problem mit ZMapp ist die beschränkte Verfügbarkeit des Wirkstoffes. Nach Angaben des Herstellers sind derzeit alle Reserven aufgebraucht. Die Herstellung weiterer Dosen sei darüber hinaus sehr komplex, teuer und zeitintensiv. Die ZMapp-Antikörper werden mithilfe gentechnisch veränderter Tabakpflanzen produziert. Um die Produktion zu beschleunigen prüfen andere Hersteller jetzt, ob der Wirkstoff auch aus den Eierstockzellen chinesischer Hamster, so genannten CHO-Zellen, gewonnen werden kann. CHO-Zellen werden bereits erfolgreich zur Gewinnung anderer Wirkstoffe genutzt.
TKM-Ebola – leichter zu produzieren, aber dennoch knapp
TKM-Ebola ist ein Wirkstoff, der aus kleinen Molekülen, sogenannten „small interfering RNAs“, besteht. Diese modifizierten siRNAs verändern die Proteinproduktion der von Ebola befallenen Körperzellen und verhindern so, dass sich das Virus reproduziert. Der Wirkstoff wurde zuvor ebenfalls an Affen getestet. Eins von sieben Tieren, das eine vergleichsweise geringe Dosis verabreicht bekam, starb. Die restlichen sechs mit höheren Dosen behandelten Tiere überlebten. Auch der an Ebola erkrankte, US-amerikanische Arzt Richard Sacra wurde mit TKM-Ebola behandelt und überlebte die Infektion. Nun ist geplant, den Wirkstoff im Rahmen einer klinischen Studie auch für die Menschen in Westafrika verfügbar zu machen. TKM-Ebola lässt sich deutlich schneller herstellen als ZMapp. Am 21. Oktober hat der Hersteller bekanntgegeben, dass die Massenproduktion gestartet wurde und ein erster Vorrat Anfang Dezember zur Verfügung stehen soll.
Brincidofovir – kein unbekannter Wirkstoff
Brincidofovir ist ein etablierter antiviraler Wirkstoff, der unter anderem bei Zytomegalie und gegen Adenoviren eingesetzt wird. Für die Zulassung bei anderen Indikationen als Ebola durchlief der Wirkstoff schon groß angelegte klinische Studien am Menschen. Gegen Ebola-Viren wurde Brincidofovir bisher aber lediglich im Labor erfolgreich getestet. Von den zwei mit dem Wirkstoff behandelten Ebola-Patienten ist einer gestorben. Der andere befindet sich laut offiziellen Angaben der Gesundheitsbehörde des US-Bundesstaates Nebraska auf dem Weg der Besserung. Da es sich um ein bereits zugelassenes Medikament handelt, sind die Vorräte an Brincidofovir dem Hersteller zufolge ausreichend genug, um es auch in der aktuellen Ebola-Epidemie einzusetzen. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat Brincidofovir für die Behandlung von Ebola in Notfällen zugelassen.
Favipiravir – experimenteller Wirkstoff aus Japan
Eine französische Krankenschwester, die sich mit Ebola infiziert hatte, wurde bereits erfolgreich mit dem experimentellen Wirkstoff Favipiravir behandelt. Ähnlich wie TKM Ebola setzt Favipiravir an der RNA Polymerase der Viren an und stört somit deren Reproduktion. Der antivirale Wirkstoff wurde in Japan entwickelt und wird dort seit Anfang 2014 für den Fall einer Influenza-Pandemie bevorratet. Umfangreiche Tests zum Einsatz bei Menschen hat der Wirkstoff daher schon erfolgreich hinter sich gebracht. Ob der Wirkstoff erfolgreich gegen Ebola eingesetzt werden kann, wird derzeit getestet. Die japanische Regierung hat bereits angekündigt, dass sie ihre Vorräte zur Behandlung der Ebola-Patienten zur Verfügung stellen würde.
JK-05 – die chinesische Lösung
Ein chinesisches Pharmaunternehmen hat ebenfalls einen experimentellen Wirkstoff gegen Ebola entwickelt. JK-05 soll in einem beschleunigten Verfahren in China zur Zulassung gebracht werden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, sollen chinesische Hilfskräfte den Wirkstoff mit nach Westafrika nehmen, um sich im Falle einer Infektion damit zu behandeln. Noch wurde der Wirkstoff nur an an Mäusen erfolgreich getestet. Der Hersteller, ein Unternehmen mit engen Verbindungen zum chinesischen Militär, ist aber zuversichtlich, dass JK-05 auch bei Menschen erfolgreich sein wird.
Bluttransfusionen – Antikörper aus dem Blut Überlebender
Überlebende einer Ebola-Infektion haben Antikörper gegen das Virus gebildet. Diese befinden sich im Blut der Betroffenen und haben ihnen dabei geholfen, die Krankheit zu besiegen. Seit der Entdeckung von Ebola gelten Bluttransfusionen von Geheilten als eine Möglichkeit, die Krankheit zu behandeln. Die tatsächliche Effektivität der Behandlung ist nicht durch klinische Studien belegt. Dennoch sieht die WHO hierin einen wichtigen Ansatzpunkt in der Behandlung zukünftiger Ebola-Fälle. Man geht davon aus, dass die Antikörper auch anderen Erkrankten helfen können. Ein aktueller Fall einer solchen Bluttransfusion ist der von Dr. Kent Brantly, der sich in Liberia mit dem Virus angesteckt hatte. Er erhielt eine Bluttransfusion von einer jungen Frau, welcher er zuvor geholfen hatte, das Virus zu besiegen. Brantly überlebte und spendete sein eigenes Blut an weitere Erkrankte. Als Blutspender kommt jeder Ebola-Überlende in Frage, der sicher als geheilt gilt und nicht an einer weiteren ansteckenden Krankheit, wie beispielsweise HIV oder Hepatitis, leidet. Für die erfolgreiche Spende müssen zudem die Blutgruppen von Spender und Empfänger miteinander kompatibel sein.
- Einen Überblick zu weiteren Forschungsansätzen zu einem Heilmittel gegen Ebola gibt der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) auf einer Spezialseite.