„Research on Stage": 8 Forscherinnen und Forscher aus der Pharmabranche erzählten  was sie antreibt. Foto: © vfa / MIKA-fotografie | Berlin
„Research on Stage": 8 Forscherinnen und Forscher aus der Pharmabranche erzählten was sie antreibt. Foto: © vfa / MIKA-fotografie | Berlin

Das ganz große Kino

Forscherinnen und Forscher aus der Pharmabranche auf der Bühne – auf die Idee muss man erstmal kommen. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) hat es getan. Es war ganz großes Kino.

Acht Geschichten – acht Gesichter. Und damit acht sehr persönliche Bekenntnisse, was die Forscher antreibt. Sie alle haben gemeinsam, dass sie in der Pharmaindustrie arbeiten. Für die Veranstaltung hatte der vfa in Berlin ein Kino gemietet. Das Motto des Abends: Research on Stage. Es war Forschung zum Anfassen.

„Forschung lohnt sich! Irgendwann kommt der Tag, an dem jede Erkenntnis zählt“, sagt Dr. Nkacheh Atenchong. Der gebürtige Kameruner ist bei MSD in Burgwedel, der weltweit ersten Produktionsstätte für Ebola-Impfstoffe, für die Qualitätssicherung verantwortlich. Der Mikrobiologe hat ein Modell entwickelt, mit dem die Transformation des Ebola-Erregers in einen Impfstoff erklärt werden kann. Atenchong war einer der Stars auf der Bühne. Der Wunsch zu forschen wurde ihm in die Wiege gelegt. Schon seine Mutter betrieb in Kamerun ein kleines Labor – sein Job war es, sich um die Patienten zu kümmern. Dass viele dieser Patienten nicht wiederkamen, weil sie verstorben waren, wurde ihm zur Motivation, in die Forschung zu gehen.

Medikamente gezielter und präziser machen – das will Dr. Gitte Neubauer. Die Biochemikerin hat Cellzome gegründet – ein Unternehmen, das heute zum britischen Pharmaunternehmen GSK gehört und das führend in der Chemoproteomik ist. Das ist eine Technologie, die es ermöglicht, die Wirkung von Arzneistoffen auf molekularer Ebene zu erforschen. Das Ziel: Für unterschiedliche Erkrankungen präzisere Wirkstoffe zu entwickeln und das potenzielle Risiko für Neben- und Wechselwirkungen zu verringern. Die menschliche Zelle, so erzählt Neubauer, ist ein See mit vielen tausend Proteinen. Ihren Job vergleicht sie mit dem Angeln – und an ihrer Angel hängt ein Wirkstoff. „Ich werfe meinen Angelhaken in die Proteinsuppe – solange, bis ich den richtigen Fisch gefangen habe.“ Jeden Tag lerne sie ein bisschen mehr, wie das Leben funktioniert.

HIV: Auf den „Haufen der Geschichte“

Prof. Dr. Jan van Lunzen hat schon an HIV geforscht, als die Krankheit noch keinen richtigen Namen hatte. Mit mehr als 25 Jahren Behandlungserfahrung gilt er als einer der führenden HIV-Experten. Heute ist er Global Medical Director bei ViiV Healthcare, einem führenden Unternehmen für HIV-Präparate. Van Lunzen will sich im Grunde überflüssig machen: „Bis 2030 wollen wir HIV-Forscher, dass unser Feld Geschichte ist.“ Eine HIV-infizierte Mutter könne heute ein gesundes Kind auf die Welt bringen – „ein Wunder“, sagt er. Als die ersten Medikamente auf den Markt kamen, mussten die Patienten 20 bis 30 Tabletten am Tag schlucken; heute reiche meist eine. Aber selbst die ist ihm zu viel. Mit seinem Team arbeitet er daran, dass die Krankheit „auf den Haufen der Geschichte kommt.“

So unterschiedlich die Menschen auf der Bühne, so unterschiedlich sind auch die Indikationsgebiete, in denen sie forschen. Dr. Christine Mössinger hat sich als Laborleiterin bei Sanofi dem Kampf gegen das Übergewicht verschrieben. Sie forscht an den Prozessen, die den menschlichen Körper dazu bringen, ein ungesundes Gewicht zu verteidigen. Denn Übergewicht erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Oder Prof. Dr. med. Steven Hildemann, der bei Merck für die Arzneimittelsicherheit verantwortlich ist. Er erzählte von dem langen Weg eines Medikamentes gegen Multiple Sklerose (MS), das zunächst gescheitert war, aber dann dank der Hartnäckigkeit von Ärzten, Forschern und Behörden doch noch die hohen Anforderungen an Wirksamkeit und Sicherheit überwand. Sein Credo: „Wir dürfen niemals aufgeben, wenn die Forschung uns neue Türen öffnet.“ Oder Dr. Charlotte Christine Kopitz: Als Kind wollte sie professionelle Puzzle-Spielerin werden, als Erwachsene erkannte sie, dass sie dieses Talent am besten in der angewandten Forschung einsetzen kann. Bei Bayer arbeitet sie heute in der Krebsforschung – und sucht nach den passenden Puzzle-Teilen, um „den Tumor ins Verderben zu stürzen“.

Science Fiction wird real

Science Fiction fand er schon immer cool. Und als er begann, sich für die Immunonkologie zu begeistern, war es genau das: Science Fiction. „Zuerst waren wir nur ein kleiner, verrückter Haufen – eine Zelle von ‚True Believers‘“, sagt Dr. Volker Teichgräber. Die Idee war bestechend: Das Immunsystem sollte in die Lage versetzt werden, Krebszellen zu bekämpfen. Heute, nach jahrzehntelanger Forschung, weiß man, dass es funktioniert. Immunonkologika richten sich nicht gegen Tumore. Sie sind „Doping“ für das Immunsystem; sie befähigen es, den Krebs zu bekämpfen. Bei Roche arbeitet Teichgräber im Grunde als „Übersetzer“: Er will die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung zur Immunregulation in neue Therapiekonzepte mit experimentellen Substanzen übertragen.

Dr. Christian Ried von AbbVie meint, dass man die Natur manchmal einfach austricksen muss. Bis heute scheitern die meisten Wirkstoffe, die gegen neurologische Erkrankungen wie MS oder Alzheimer entwickelt werden, daran, dass sie nicht durch die Blut-Hirn-Schranke kommen. Also sucht Ried nach Mechanismen, diese eigentlich lebensrettende Funktion zu überlisten. Er entwickelt Systeme, die Nanopartikel durch intravenöse Injektion zur Blut-Hirn-Schranke und darüber hinaus ins Gehirn transportieren. Dort entlädt der Nanopartikel den Arzneistoff. Der Fokus seiner Tätigkeit ist kein neues Medikament. Er sucht nach dem Weg, einen neuen Wirkstoff dahin zu bringen, wo er wirken soll – im Gehirn.

Die Arbeit von Ried und Kollegen ermöglicht, dass es nach Jahrzehnten gelingt, einen Impfstoff gegen Ebola oder neue Behandlungsmethoden gegen Krebs zu entwickeln. Forschung, so der vfa, „ist die beste Medizin“.

Foto: © vfa / MIKA-fotografie | Berlin

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: