Wenn man als Wissenschaftler auf Ihre Webseite opnMe.com geht, kann man mit ein paar Klicks Moleküle bestellen. Einfach so. Warum tun Sie das?
Dr. Florian Montel: Erstens, weil wir glauben, dass bei Boehringer Ingelheim einige großartige Moleküle schlummern, deren Potenzial wir bisher nicht vollständig ausgeschöpft haben. Wir wollen sie Wissenschaftlern auf der ganzen Welt einfach und mit so wenigen Hürden wie nur irgendwie möglich zur Verfügung stellen. Der zweite Grund ist der Wunsch, biomedizinische Forschung zu beschleunigen, indem wir mit den besten Biologen auf der Welt zusammenarbeiten wollen, um neue Ideen zu finden, wie wir die Behandlung schwerer Erkrankungen vorantreiben können. opnMe ist offen für alle Wissenschaftler und vollkommen kostenfrei. Es gibt keine Diskussionen über geistiges Eigentum.
Ich frage das nur, weil forschende Pharmaunternehmen ja eher dafür bekannt sind, dass sie ihre Forschung schützen und deshalb geheim halten…
Montel: Ja, da haben Sie Recht, aber die Welt dreht sich weiter und wir wollen – mit Blick auf die Patienten – die Dinge anders machen. Wir wollen ein wichtiger Akteur sein, wenn es um die nächsten Arzneimittelentdeckungen geht – und dafür sind multikulturelle und offene Teams der Schlüssel. Wissenschaftler brauchen Pharmaunternehmen, um Arzneimittel zu entwickeln, und Pharmaunternehmen brauchen Wissenschaftler für die Grundlagenforschung. Ein gutes Beispiel dafür ist die Tatsache, dass Sie auf opnMe ein Molekül finden können, das von Professor Alessio Ciulli an der Dundee Universität entworfen wurde. Sein MZ1-Molekül ist eine einzigartige Verbindung, die Boehringer Ingelheim nun allen Wissenschaftlern zur Verfügung stellt.
Wie kann ich mir das vorstellen? Ich bestelle auf opnMe ein Molekül und am nächsten Tag steht der Postbote vor der Tür?
Montel: Genau. Dafür brauchen Sie nur ein paar Klicks. Dank eines sehr agilen Prozesses bekommt man dann das Molekül in wenigen Tagen in sein Labor geschickt. Grundsätzlich haben Sie freien Zugang zu allen Profildaten der angebotenen Boehringer Ingelheim-Wirkstoffe – und zwar, ohne dass eine Registrierung von Nöten wäre. opnMe ist eine offene Bezugsquelle für Best-in-Class- und First-in-Class-Moleküle für Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Außerdem bieten wir alle drei bis vier Monate einzigartige Wirkstoffkandidaten an, für die wir die Zusammenarbeit mit anderen Forschern suchen. Wir nennen sie auch „Molecules for Collaboration“.
Es ist bereits angeklungen: Auf opnMe bieten Sie zwei verschiedene Arten von Molekülen an – die „Molecules to Order“ und die „Molecules for Collaboration“. Was ist der Unterschied?
Montel: Die ersten sind frei zugänglich und sie können mit ein paar Klicks bestellt werden. Sollten diese Wissenschaftler durch ihre Forschungen neues geistiges Eigentum schaffen, gehört das ihnen. Sie können ihre Ergebnisse veröffentlichen, ohne uns zu fragen und wir hoffen, dass sich daraus weitere Erkenntnisse zum Nutzen der gesamten Wissenschaft gewinnen lassen. Das zweite Set, die „Molecules for Collaboration“ (M4C), haben ein Ziel: Wir wollen mit den besten Teams der Welt zusammenarbeiten, um neue Anwendungsgebiete für sehr erfolgsversprechende Wirkstoffe zu finden, die wir bei Boehringer Ingelheim entwickelt haben. Nach allem, was ich weiß, ist Boehringer das einzige Unternehmen weltweit, das seine Wirkstoffkandidaten öffentlich zur Verfügung stellt, um ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können. Wir haben bis heute bereits 450 externe Anträge für Forschungskollaborationen über opnMe bekommen und bereits zehn Kollaborationen gestartet. Weitere sind derzeit in Verhandlungen mit den jeweiligen Wissenschaftlern.
Wie viele Moleküle bieten Sie an und wie ist bisher das Feedback aus der wissenschaftlichen Welt?
Montel: Jeden Monat fügen wir ein neues, einzigartiges Molekül zu unserer „Molecules to Order“-Sammlung hinzu und mittlerweile haben wir schon mehr als 40 davon. Das Feedback aus der Wissenschafts-Community ist außerordentlich; viele glauben erstmal gar nicht, dass Wirkstoffe mit einer solch hohen Qualität einfach kostenfrei erhältlich sind. Wir hoffen wirklich, dass wir mit opnMe eine neue Art der Zusammenarbeit schaffen können, im Rahmen derer wir zu Wissenschaftlern überall auf der Welt Brücken schlagen wollen. Wir bekommen großartiges Feedback; als Beispiel hier nur ein Zitat von Prof. Christina Woo von der Harvard University: „Die opnMe-Idee ist ein fantastischer Weg, um Wissenschaft positiv zu beeinflussen.“
Einer Ihrer auf opnMe hervorgehobenen Moleküle ist ein Pan-KRAS interaction Inhibitor, BI 3406. Was sind Ihre Erwartungen für dieses Molekül und was erwarten Sie, wenn Sie es mit Forschern in der ganzen Welt teilen?
Montel: Erstmal möchte ich mich bei meinen Kollegen in Wien bedanken, die diesen großartigen Wirkstoff entwickelt haben. BI 3406 ist ein „Molecule for Collaboration“ und wir hoffen, dass viele Wissenschaftler ihre Forschungsideen einreichen werden – was derzeit bereits passiert – um ganz neue Therapiemöglichkeiten für schwer behandelbare Krankheiten, wie z.B. Krebs zu finden. Ein neues Medikament zu identifizieren, ist ein langer und beschwerlicher Weg, der viele unterschiedliche Schritte beinhaltet und für den man viele Menschen braucht. Wir hoffen, dass opnMe wie ein Funke wirkt, der neue Wege eröffnet.
Die Hoffnung ist, dass wir mit diesen Wissenschaftlern zusammenarbeiten können und durch die Kombination ihrer Ideen und Kreativität mit unserer Erfahrung das volle Potenzial dieses Wirkstoffes erschließen und noch bessere Moleküle für weitere Tests entwickeln können.
Eine letzte Frage: Wie wichtig ist es heute Forschung und Entwicklung in großen Netzwerken voranzutreiben?
Montel: Es ist essenziell. Viele der, sagen wir mal, „leichten“ Herausforderungen zur Behandlung von Krankheiten sind gelöst. Was vor uns liegt, ist wesentlich komplexer und es bedeutet, dass man mehr und mehr Ressourcen und Ideen braucht, um sie zu bewältigen. Die Zahl von Wissenschaftlern außerhalb von Boehringer Ingelheim ist so viel größer als innerhalb. Wir sind Experten der Arzneimittelentwicklung und wir können nicht sämtliche Ansätze selbst verfolgen, auf die man als Forscher Zugriff hat. Daher wollen wir die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft einbeziehen, um neue, innovative Ideen voranzutreiben und das ganze Potenzial von Wirkstoffkandidaten zu erkennen.
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