„USA und Deutschland streiten um Impfstoff“: Mitte März sorgte eine Nachricht, wonach US-Präsident Donald Trump versuche sich die Exklusivrechte an einer möglichen Coronavirus-Vakzine einer Tübinger Firma zu sichern, für Empörung (s. Tagesschau). Doch Dietmar Hopp, Haupteigentümer des Biotechunternehmens, betonte: Wenn es gelingt, einen Impfstoff zu entwickeln, soll „dieser Menschen nicht nur regional, sondern solidarisch auf der ganzen Welt erreichen, schützen und helfen können“, zitierte ihn die Frankfurter Allgemeine. Wie die Nachrichtenagentur dpa am 16. März meldete, erklärte ein Sprecher der Firma jedoch, dass ein Angebot von Trump nicht vorliege; der Vertrieb des Impfstoffkandidaten sei noch völlig offen – derzeit liefen Gespräche mit vielen Behörden.
Dieses Beispiel zeigt: Selten war die Impfstoffforschung so im Fokus der medialen Aufmerksamkeit wie zu Zeiten der Coronavirus-Pandemie. „Wann kommt die Impfung?“, fragt etwa die Apotheken Umschau. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet über einen „weltweiten Wettlauf zum Impfstoff“. Und der NDR schreibt: „Impfstoff-Forschung läuft auf Hochtouren“. Doch bis es eine Vakzine tatsächlich auf den Markt schafft, wird noch etwas Zeit vergehen. „Die normale Impfstoffentwicklung dauert zwischen acht und zehn Jahre“, erklärte jüngst Thomas Breuer vom Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK) in einem Interview mit dem Tagesspiegel. In den vergangenen Jahren haben sich aber gerade die Arbeiten in der präklinischen Forschung beschleunigt – einige Monate wird es bis zur Zulassung dennoch dauern, so der Experte.
Wie herausfordernd die Entwicklung von Vakzinen sein kann, zeigt das Beispiel HIV: Forscher weltweit arbeiten schon seit Jahrzehnten daran. Im Pharma Fakten-Interview sagte der Virologe Prof. Dr. Hendrik Streeck: „HIV-Impfstoff-Forschung ist ein Marathonlauf. So einen Impfstoff findet man nicht alleine im stillen Kämmerlein, sondern das ist eine große Teamarbeit, an der viele verschiedene Laboratorien weltweit beteiligt sind.“ Dennoch rechnet der 42-Jährige noch in seiner Lebenszeit mit einem Erfolg.
Impfstoffindustrie: Forschung & Produktion in Europa
Gerade in Europa passiert in Sachen Forschung und Entwicklung (F&E) viel: Laut Vaccines Europe – Teil des Pharmadachverbands EFPIA – ist die Impfstoffindustrie in der Europäischen Union (EU) im Vergleich zu anderen Branchen führend. Wie aus einem Bericht hervorgeht, investiert sie 16 Prozent ihres Nettoumsatzes in F&E (s. Grafik).
Daten der Mitgliedsunternehmen von Vaccines Europe zeigen außerdem: Zwölf Forschungsstandorte in acht europäischen Ländern befassen sich mit der Entwicklung von Impfstoffen der nächsten Generation – sei es gegen HIV, Alzheimer, Krebs oder Malaria.
Die Firmen unterhalten darüber hinaus 27 Produktionsstandorte – verteilt über elf europäische Länder. Zwar stellen sie Vakzine nicht ausschließlich in Europa her, aber doch zu einem großen Teil: Nur ein Viertel ihrer Impfstoffproduktion geschieht in anderen Regionen der Welt. Das zeigt, wie wichtig die Branche für die Ökonomie der EU ist. Allein im Jahr 2016 trug sie zur Schaffung von rund 122.000 Arbeitsplätzen bei: Etwa 29.000 davon entstanden in der Industrie selbst – weitere 93.000 durch Ausstrahleffekte in anderen Sektoren.
„Europa ist das Herz der globalen Impfstoffforschung und -produktion“ und eine „Industrie für gesundes Leben“, so Vaccines Europe. In diesem Sinne beteiligen sich die Mitgliedsfirmen auch an der Forschung und Entwicklung von Impfstoffkandidaten gegen das Coronavirus.