Apothekerin Sabine Gnekow aus Hamburg impft gegen Corona und Grippe. Das Angebot wird gut angenommen. Ein Interview. Foto: ©iStock.com/caughtinthe
Apothekerin Sabine Gnekow aus Hamburg impft gegen Corona und Grippe. Das Angebot wird gut angenommen. Ein Interview. Foto: ©iStock.com/caughtinthe

Es läuft: Impfen in der Apotheke

Seit diesem Jahr dürfen Apotheken gegen SARS-CoV-2 und gegen die Grippe impfen. Im Pharma Fakten-Interview erzählt Apothekerin Sabine Gnekow aus Hamburg, wie das Angebot angenommen wird. Und welchen Sinn es aus ihrer Sicht macht.

Die Privilegierte Adler-Apotheke im Hamburger Stadtteil Wandsbeck: Geschlossen hat sie meistens – nicht. An 365 Tagen im Jahr, immer zwischen 8 Uhr morgens und Mitternacht, ist Apothekerin Sabine Gnekow und das Team für die Menschen da. Neben den klassischen Dienstleistungen einer Apotheke bietet sie ihren Kund:innen auch Impfungen gegen Grippe und gegen SARS-CoV-2 an. 

Impfen in der Apotheke – vor ein paar Jahren in Deutschland undenkbar. Jetzt bieten Sie gleich 2 Impfungen an. Wie kam es dazu?

Apothekerin Sabine Gnekow aus Hamburg
Apothekerin Sabine Gnekow aus Hamburg. Foto: privat

Sabine Gnekow: Als Ende 2020 klar wurde, dass der Corona-Impfstoff kommen würde, habe ich mich gefragt: Wer soll die Menschen eigentlich alle impfen? Ich habe deshalb eine Fortbildung organisiert und wir haben sehr schnell 40 Hamburger Apothekerinnen und Apotheker geschult. Das Fortbildungsmodul gab es bereits, denn seit einiger Zeit durften Apotheken in ausgewählten Modellregionen gegen Influenza impfen. Damit wollte man herausfinden, ob das Impfen in Apotheken dabei helfen kann, Impflücken zu schließen. Und jetzt dürfen Apotheken in Deutschland gegen Corona und gegen Grippe impfen.

Sie standen also bereit, als das Go aus der Politik kam?

Gnekow: Ja. Zusätzlich hatten wir bereits im Einkaufszentrum nebenan ein Impfzentrum etabliert, in dem hauptsächlich Ärzte geimpft haben. Daraus ist unser GesundheitsCampus entstanden, in dem Arzt und Apotheker impfen können. Der Arzt impft tagsüber, zu seinen Öffnungszeiten. Wir beginnen in der Regel um halb 6, 3-mal in der Woche. 

Ihr Campus kann also Impftermine anbieten, wenn die meisten Arztpraxen schon geschlossen sind?

Gnekow: Genau. Damit erreichen wir Kundengruppen, die aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten haben, zum Arzt zu gehen.

Wie wird das angenommen?

Gnekow: Sehr gut, ich bin sehr zufrieden. Wir haben bereits 3.000 Corona-Impfungen durchgeführt. Gegen die Grippe sind es rund 300 – da haben wir ja erst Mitte Oktober angefangen.

Sie würden also sagen: Das zusätzliche Impfangebot durch die Apotheken könnte helfen, Impflücken zu schließen?

Impfen in der Apotheke
Unkompliziert: Impfen in der Apotheke. Foto: ©iStock.com/Kuzmik_A

Gnekow: Auf jeden Fall. Unsere Kunden sind sehr dankbar – auch weil es so unkompliziert ist. Über unsere Webseite kann man mit ein paar Klicks einen Termin buchen. Nach der Impfung müssen sie noch einen Moment im Wartebereich warten und dann gehen sie wieder nachhause. Und wer das nicht über den Computer machen will: Dann buchen wir das direkt in der Apotheke. 

Wie klappt die Zusammenarbeit zwischen Arztpraxis und Apotheke?

Gnekow: Wunderbar. Ich habe noch von keinem Arzt irgendetwas Negatives gehört. Wir haben auch schon zig Ärzte geimpft.

Aus der organisierten Ärzteschaft kommt Kritik. Der Tenor: Das Impfen gehört in die Hände der Ärzte. Verstehen Sie das?

Gnekow: Nein. Das kann ich gar nicht begreifen. Wenn es uns um die Impfrate geht, muss doch die Frage im Fokus stehen, wie wir mehr Menschen impfen können. Das geht nur über zusätzliche Angebote. Und wir können in Zukunft ja noch viel mehr machen: Wir könnten auch samstags und sonntags impfen – da erreichen wir noch ganz andere Gruppen. Das haben wir dieses Jahr nicht mehr geschafft – ist aber eine Idee für die nächste Saison. Es wäre übrigens einfacher, wenn das Impfen nicht mit so viel Bürokratie erschwert würde.

Wie meinen Sie das?

Impfen in Apotheken
Die Apotheke vor Ort zu stärken, macht Sinn. Foto: ©iStock.com/caughtinthe

Gnekow: Wir müssen teilweise unsägliche Sachen dokumentieren: Was da alles auf das Rezept muss – da müsste eigentlich die Versichertennummer reichen. Es gibt eine eigene Vorschrift, was wir alles auf das Rezept drucken müssen. Aber der Rezeptdruck funktioniert noch gar nicht. Momentan gehen wir in Vorleistung – wir können das Impfen noch gar nicht abrechnen. Aber ich will nicht darauf warten, bis die begleitende Infrastruktur steht – die Leute sollen sich jetzt schützen können und nicht erst, wenn die EDV-Systeme so weit sind. Am Ende wird wohl alles hinhauen, aber es ist unendlich mühselig.

Wird sich das Impfen in den Apotheken durchsetzen?

Gnekow: Bei uns wird sich das durchsetzen. Es macht für die Menschen Sinn und wertet die Apotheke als Gesundheitsexperte und -dienstleister auf. Zu was wir als Apotheken fähig sind, hat ja die Pandemie gezeigt. Vom Herstellen der Desinfektionsmittel, als es keine mehr gab, über die Verteilung der Masken, die Impflogistik, das Testen, bis hin zum Impfen. Die Apotheke vor Ort zu stärken, macht Sinn – vor allem in einer alternden Gesellschaft.

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