Kinderschutzimpfungen in Deutschland: Zu spät und zu selten

Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind die Quoten für Standardimpfungen bei Kindern in Deutschland verbesserungswürdig: National bzw. international gesetzte Ziele werden nicht erreicht, schreiben die Expert:innen in einem Bericht. Kinder sind „unnötig lange einer Infektionsgefahr ausgesetzt.“

„Die Impfquote für die erste Masernimpfung bei Kindern im Alter von 15 Monaten beträgt bundesweit 85,8 Prozent“, heißt es in dem „Epidemiologischen Bulletin“. Die regionalen Unterschiede sind groß: Die Spannweite auf Kreisebene geht von 61,5 Prozent (Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Bayern) bis hin zu 95,4 Prozent (Darmstadt, Hessen). Das im „Nationalen Masernaktionsplan“ formulierte Ziel von 95 Prozent wird „mit nur einer Ausnahme in nahezu allen Kreisen weiterhin verfehlt“, so das RKI.

Auch bei der zweiten Dosis sieht es nicht besser aus: Sie „haben im Alter von 24 Monaten 75,6 Prozent der Kinder des Geburtsjahrgangs 2018 erhalten“ (s. Grafik). Immerhin: „Bis zur Schuleingangsuntersuchung werden Masernimpfungen noch nachgeholt“. 2019 konnten dort 92,7 Prozent der Vier- bis Sieben-Jährigen die zweite Dosis vorweisen. Doch das ist spät – und es sind noch immer zu wenige.

Ähnlich verhält es sich bei anderen Standardimpfungen: Seit 2004 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) zum Beispiel die Vakzine gegen Varizellen (Windpocken). „Die zweite Varizellenimpfung haben nur 70,7 Prozent der Kinder empfehlungsgemäß bis zum zweiten Geburtstag erhalten“. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil an: auf 85 Prozent bei der Schuleingangsuntersuchung.

Bis zum Alter der Schuleingangsuntersuchungen werden Impfungen nachgeholt - aber nicht immer. Foto: ©iStock.com/evgenyatamanenko
Bis zum Alter der Schuleingangsuntersuchungen werden Impfungen nachgeholt – aber nicht immer. Foto: ©iStock.com/evgenyatamanenko

Impflücken: Deutschland läuft Zielen hinterher

Das RKI kritisiert insgesamt: „Bei allen Impfungen werden die empfohlenen Alterszeitpunkte nicht eingehalten, Impfserien bleiben unvollständig und einige Kinder erhalten manche Impfungen gar nicht.“ Vor allem bei jenen Impfungen, die schon lange etabliert sind – wie Diphtherie, Tetanus, Pertussis – „zeigen sich im sehr jungen Alter nur moderate Impfquoten. Bis zum Alter der Schuleingangsuntersuchungen werden Impfungen zwar nachgeholt, aber auch das erfolgt nicht bei allen Kindern“.

Hinzu kommt: Die Bundesrepublik läuft nicht nur den eigenen, sondern auch internationalen Zielsetzungen hinterher – etwa in Bezug auf die Poliomyelitis („Kinderlähmung“).

„In allen in der KV-Impfsurveillance untersuchten Geburtsjahrgängen von 2008 bis 2018 betrug diese Impfquote bundesweit nur rund 88 Prozent und liegt damit sieben Prozentpunkte unter der Zielmarke“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „In Relation zu den Lebendgeborenenzahlen hatten damit rund 95.000 Kinder des Geburtsjahrgangs 2018 in Deutschland mit 15 Monaten noch keine dritte Polioimpfstoffdosis erhalten.“

Das RKI mahnt: „Zu spätes Impfen setzt junge Kinder unnötig lange einer Infektionsgefahr aus“. Zudem ist „das Risiko einer Weiterverbreitung des Erregers […] durch zu spätes oder ungenügendes Impfen unnötig erhöht“. Letztlich erschwert dies das Erreichen nationaler und internationaler Zielvorgaben, die zum Beispiel die Ausrottung von Masern oder Polio im Blick haben.

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