58 Prozent der Kinder, die Mitte der 1970er an Krebs erkrankten, überlebten fünf Jahre oder länger. Unter jenen, die zwischen 2008 und 2014 eine Diagnose erhielten, sind es schon 83 Prozent – das geht aus Daten der „American Cancer Society“ hervor. Für pharmazeutische Forscher ist das kein Grund sich auszuruhen. Sie wissen: „Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene“. Soll heißen: Medikamente können bei ihnen anders wirken als bei Älteren – Erkrankungen anders verlaufen.
Laut PhRMA arbeiten biopharmazeutische Unternehmen deshalb an 580 Medikamenten, die für die Anwendung bei Kleinkindern, Kindern und Heranwachsenden in Frage kommen. Darunter sind Arzneimittel, die eigens für pädiatrische Patienten entwickelt werden, sowie Präparate, die bereits für Erwachsene zugelassen sind.
Erbkrankheiten und Krebs bei Kindern im Fokus
Allein 125 richten sich gegen diverse Erbkrankheiten wie etwa Mukoviszidose – ein Leiden, das seine Ursache in einer seltenen Genmutation hat. Heute geborene Betroffene haben eine Lebenserwartung von 50 Jahren. Ende der 1930er wurden sie nicht einmal ein Jahr alt (s. Pharma Fakten). Auch ganz oben auf der Agenda der pharmazeutischen Forschung: Krebs. Laut der deutschen Kinderkrebsstiftung wird hierzulande bei durchschnittlich rund 2.200 Kindern und Jugendlichen pro Jahr ein Tumor festgestellt. Der Bedarf an therapeutischen Innovationen bleibt groß. Zuletzt brachten die ersten CAR-T-Zelltherapien Hoffnung für schwerkranke Blutkrebspatienten – weitere Vertreter sind in der Entwicklung.
„Aktuell laufen mehr als 2.100 industriegesponserte pädiatrische klinische Studien mit über 1,2 Millionen pädiatrischen Patienten über eine große Spannweite an therapeutischen Gebieten“, so PhRMA. Geprüft wird z.B. auch ein monoklonaler Antikörper gegen Asthma bei Kindern im Alter zwischen 6 und 11. Oder ein Wirkstoff, der bereits zur Migräne-Prävention bei Erwachsenen zugelassen ist: Er wird nun für den Einsatz bei 6- bis 17-Jährigen untersucht.
Arzneimittelentwicklung für Kinder: eine besondere Herausforderung
„Auch wenn es große Fortschritte in der pädiatrischen Arzneimittelentwicklung gab, stehen biopharmazeutische Unternehmen noch immer vor einzigartigen wissenschaftlichen und operationalen Herausforderungen“. Das ist in dem Bericht „Medicines in Development for Children“ zu lesen. So ist es etwa äußerst schwierig genügend junge Patienten für klinische Studien zu gewinnen.
„Es kann bis zu 15 Jahre dauern, ein Programm zur Entwicklung eines pädiatrischen Arzneimittels abzuschließen“, schreibt PhRMA. Neun Jahre können von der Erwachsenen- bis zur pädiatrischen Zulassung vergehen. Die Kosten für die Entwicklung von Medikamenten für Kinder sind zwischen 2008 und 2016 für die Mehrheit der Firmen um mindestens 25 Prozent gestiegen. Gleichzeitig ist das Risiko zu Scheitern groß: Wie Wissenschaftler der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA herausfanden, kann in 42 Prozent der Studien nicht die für die pädiatrische Zulassung notwendige Sicherheit und Wirksamkeit gezeigt werden. Aufgeben ist trotzdem nicht: „Es ist noch viel zu tun, um Therapien und Heilmittel für Patienten mit ungedecktem medizinischem Bedarf zu entwickeln“.