Rauchen tötet Menschen, die nicht rauchen. Viele Menschen. Das macht die WHO in ihrem Bericht „über die globale Tabak-Epidemie“ deutlich. Mindestens 69 Bestandteile von Tabakrauch sind demnach krebserregend. „In den frühen 2000er-Jahren […] versuchte die Tabakindustrie das Problem von Passivrauchen lediglich als ein Ärgernis für Nicht-Rauchende darzustellen“, schreibt die WHO. Doch heutzutage ist die Evidenzlage eine andere: „Alle großen medizinischen und wissenschaftlichen Organisationen […] bestätigen, dass Passivrauch Nicht-Raucher:innen schadet und dass es keine sichere Menge an Passivrauch gibt.“
Passiv-Rauchen: Kinder und Frauen besonders gefährdet
Rund 8,7 Millionen Menschen weltweit sterben jedes Jahr in Folge von Tabakkonsum. 1,3 Millionen davon sind Passivrauchende – fast dieselbe Zahl an Menschen, die in Verkehrsunfällen ums Leben kommt. Hinzu kommen zahlreiche Menschen, die krank werden. „Bei Erwachsenen ist Passivrauchen mit Schlaganfällen, Herzerkrankungen, Krebs, COPD, Atemwegserkrankungen und anderen Leiden assoziiert“, so die WHO. Doch „Föten, Babys und Kinder können sich die Umgebung, in der sie leben, nicht aussuchen und sind am meisten durch Passivrauch gefährdet.“ Sie atmen schneller, ihre Körper haben sich noch nicht voll entwickelt. „Schweres Asthma, Atemwegs- und Ohrinfektionen sowie plötzlicher Kindstod treten bei Kindern, die Passivrauch ausgesetzt sind, häufiger auf.“ Es kann aber auch sein, dass sich gesundheitliche Folgen erst im Erwachsenenalter zeigen – auch darauf weisen immer mehr Daten hin. Schätzungen zu Folge sterben pro Jahr weltweit rund 51.000 unter 20-Jährige aufgrund von Passivrauchen – die Mehrheit von ihnen vor ihrem 5. Geburtstag.
Die meisten Passivrauch-Todesfälle (fast 90 %) treten laut WHO-Bericht in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf. Überhaupt scheint es Zusammenhänge zwischen Bildung, sozioökonomischen Status und der Frage, in welchem Ausmaß Menschen Passivrauch ausgesetzt sind, zu geben. Letztlich ist es wieder einmal ein Gerechtigkeitsthema. Auch in Sachen Geschlechter: Fast ein Drittel der Frauen, die wegen Tabakprodukten (ohne Kautabak) sterben, sterben wegen Passivrauchs; bei Männern liegt dieser Wert bei rund 10 Prozent. „Die weibliche Bevölkerung zahlt einen hohen Preis für das Rauchen Anderer“.
Rauchfreie Umgebung: Zum Schutz aller Menschen
Wichtig ist daher die Einrichtung rauchfreier Umgebungen: „Sie schützen Menschen vor bekannten krebserregenden und toxischen Substanzen; sie denormalisieren Rauchen in der Öffentlichkeit; und sie fördern die Ausbreitung rauchfreier Zonen sogar im Privaten. Diese gesellschaftlichen Veränderungen können Tabakgebrauchende dazu bringen, dass sie versuchen aufzuhören, […] und sie können junge Menschen davon abhalten, mit Tabakkonsum anzufangen“, heißt es im Bericht. Dr. Rüdiger Krech, Direktor für Gesundheitsförderung bei der WHO, findet: „Alle Menschen haben das Grundrecht saubere Luft zu atmen – und Regierungen müssen die Gesundheit aller als grundlegendes Menschenrecht schützen.“
Für Europa untersucht der „Tobacco Control Scale“ die Umsetzung der gesetzlichen Tabakkontrolle: In einem Ranking von 37 europäischen Ländern landet Deutschland auf Platz 34 – nur Serbien, die Schweiz sowie Bosnien und Herzegowina schneiden schlechter ab. Strikte Rauchverbote gibt es zum Beispiel nur in Discos in Bayern, Nordrhein-Westfalen und im Saarland. In anderen Bundesländern gibt es Ausnahmeregelungen. Auch sind Zigaretten hierzulande zu günstig, wenn man einrechnet, welche Kosten sie für das Sozialsystem verursachen. Auch an anderen Stellen gibt es politisch noch viel zu tun. Gegenüber der BILD-Zeitung sagte Dr. Krech jüngst: „Wir können nicht wirklich nachvollziehen, warum die Politik in Deutschland so lax ist“.
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Rauchen tötet
„Der wichtigste Schritt, um Millionen Todesfälle zu verhindern, ist bereits getan: Wir wissen, dass Rauchen tötet“, schreibt der Ökonom Max Roser von der Universität Oxford auf der Plattform „Our World in Data“. Doch auch heute noch sterben weltweit rund acht Millionen Menschen vorzeitig aufgrund von Tabakkonsum – jedes Jahr. Hoffnung macht allerdings ein Blick in die Vergangenheit: Denn die Fortschritte gegen die Sucht sind groß.