Die Ursache für den Streit: Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte die Frage gestellt, was passiert, wenn es für ein Arzneimittel mehrere und unterschiedliche Bewertungen des Zusatznutzens gibt, wenn also verschiedene Patientengruppen innerhalb der Anwendung eines Arzneimittels bewertet werden. Dies ist laut des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) bei immerhin fast 60 Prozent der Zusatznutzenbewertungen der Fall. Der Grad des Zusatznutzens ist Grundlage für die Preisverhandlung. In solchen Fällen hatten das betreffende Pharmaunternehmen mit dem Spitzenverband einen Mischpreis ausgehandelt – also einen einheitlichen Preis für das Medikament. Das BSG hat diese Praxis jetzt bestätigt.
Für den Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) erklärte Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer: “Ein funktionierendes System gibt man nicht so einfach auf! Im Ergebnis bestätigt auch das Bundesozialgericht diese jahrelange Praxis, dass für ein verschreibungspflichtiges Medikament auch ein einheitlicher Erstattungsbetrag der Krankenkassen gelten soll: Für ein Arzneimittel gilt also auch weiterhin ein Preis.”
Auch Martin Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) begrüßte das Urteil: „Der Mischpreis für AMNOG-bewertete Produkte ist sinnvoll und funktioniert. Eine wirtschaftliche Versorgung liegt damit in der Verhandlungsverantwortung von Krankenkassen und der Hersteller; zu Mischpreisen gibt es keine gangbare Alternative. Wirtschaftlichkeitsprüfungen gegenüber den Ärzten müssen nun der Vergangenheit angehören. Ärzte müssen ohne Angst vor Regressen entscheiden können, was für ihre Patienten die beste und nicht allein die wirtschaftlichste Therapie ist.”
Das ganze Dilemma hatten die Autoren des AMNOG-Report 2018 der DAK Gesundheit zusammengefasst: „Es ist […] vorherzusehen, dass ein Grundproblem aus dem AMNOG-Prozess mit den bunten Subgruppenergebnissen, sowie ausgehandelter oder geschiedster Mischpreise die Ärzte in ihren Therapieentscheidungen die Arbeit nicht erleichtert. Denn aus Kassensicht ist ein Wirkstoff – in Gänze oder im Detail ohne Zusatznutzen – unwirtschaftlich. Aus ärztlicher Sicht ist jedoch seine Therapieentscheidung lösungsorientiert. Er braucht die Therapiefreiheit zur Verordnung auf dem Markt verfügbarer Wirkstoffe, um vorhandene Patientenprobleme lösen zu können.“
Der Streit um den Mischpreis war also weit mehr als eine Diskussion zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen. Das BSG-Urteil schafft für die Ärzte die notwendige Sicherheit bei der Verordnung der aus ihrer Sicht bestmöglichen Therapie.