„Wir Menschen sind eine neugierige und innovationsfreudige Spezies. Wir wollen die Welt um uns herum verstehen; bezüglich der Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, wollen wir auf dem aktuellsten Stand sein und wissen, wie wir sie bewältigen“, so die WHO. „Eine Methode […] ist es, Informationen zu suchen und zu teilen – und zwar viele Informationen“.
Genau das passiert gerade in Zeiten der COVID-19-Krise. Das Ergebnis ist eine „Infodemie“: Es besteht ein „Überangebot an Informationen – manche stimmen, manche nicht“, erklärt die WHO. Das macht es Menschen schwer, vertrauenswürdige Quelle zu finden – und Fake News herauszufiltern.
„Wie Krankheitserreger in einer Epidemie“ verbreiten sich Falschinformationen mit zunehmender Geschwindigkeit und Tragweite. Sie machen die Bekämpfung einer Gesundheitsbedrohung wie das Coronavirus nicht gerade einfacher. Und: Sie können tödlich sein, wie eine Studie im Fachblatt „The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene“ zeigte. Ein weit verbreitetes Gerücht zu COVID-19 besagt zum Beispiel, dass der Konsum von hochkonzentriertem Alkohol den Körper desinfizieren und das Virus töten kann. „Als Folge dieser Falschinformation starben [weltweit] circa 800 Menschen, während 5.876 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert wurden; 60 Personen erblindeten vollständig, nachdem sie Methanol als Heilmittel gegen das Coronavirus getrunken hatten“, schreibt das internationale Wissenschaftlerteam.
Infodemiologie: Wie der Informationsflut Herr werden
„Eine Infodemie kann nicht eliminiert, aber gemanagt werden“, meint die WHO. Im Rahmen der „Infodemiologie“ als Forschungsdisziplin wollen sich Wissenschaftler daher damit beschäftigen, wie das möglich ist.
Die WHO selbst hat sieben Maßnahmen formuliert, um die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen. Gefragt ist jeder Einzelne:
- Quelle bewerten: Im ersten Schritt geht es darum, zu klären, was die ursprüngliche Quelle einer Information ist – und ob sie vertrauenswürdig ist. Bei Webseiten gilt es zum Beispiel, die Angaben zu „Über uns“ und den „Kontakt“ zu überprüfen, um Hintergrundinformationen zu sammeln. Bei Social Media-Accounts lohnt ein Blick auf die Follower und die vergangenen Posts; auch die Frage, wie lange ein Profil schon aktiv ist, kann Hinweise auf ein Fake geben. Um die Echtheit eines Bildes oder Videos zu verifizieren, kann eine „umgekehrte Bildersuche“ z.B. von Google oder Amnesty International hilfreich sein.
- Gesamten Artikel lesen: Überschriften sind manchmal nur die halbe Wahrheit – die WHO empfiehlt daher die Lektüre des gesamten Artikels. Und sie empfiehlt, sich nicht nur von einer Quelle leiten zu lassen, sondern verschiedene Medien (Zeitungen, Magazine, Onlineseiten, Podcasts, Social Media etc.) einzubeziehen.
- Autor identifizieren: Eine Suche nach dem Namen des Autors gibt Aufschluss, ob die Person existiert und vertrauenswürdig ist.
- Datum überprüfen: Wie alt ist die jeweilige Information, der Artikel, das Bild oder Video? Ist es auf dem aktuellen Stand? Oder wurde etwas aus dem Kontext gerissen?
- Unterstützende Beweise unter die Lupe nehmen: Glaubwürdige Geschichten werden i.d.R. durch Fakten gestützt. Das können Zitate von Experten, Verlinkungen zu Studien oder Statistiken sein. Diese gilt es zu verifizieren.
- Eigene Vorurteile überprüfen: Von Vorurteilen ist kein Mensch befreit. Sie zu kennen und zu hinterfragen ist wichtig – denn sie bestimmen mit, wie wir die Geschehnisse um uns herum wahrnehmen. Warum wird man von einer bestimmten Schlagzeile angezogen? Was kann man aus der eigenen Reaktion und Interpretation über sich selbst lernen?
- An „Fakten-Checker“ wenden: Im Zweifel können bekannte, Fakten checkende Organisationen (z.B. International Fact-Checking Network) und Nachrichtenagenturen wie Reuters hinzugezogen werden.
Übrigens: Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Falschinformationen („misinformation“) und Desinformation („disinformation“). Ersteres entsteht ohne böse Absicht – zweiteres „wurde erzeugt, um davon zu profitieren oder Schaden anzurichten“. „Desinformation dient in der Regel einer Agenda und kann gefährlich sein. Während dieser Pandemie haben wir bereits gesehen, wie das genutzt wird, um unser gegenseitiges Vertrauen und das Vertrauen in unsere Regierungen sowie öffentlichen Einrichtungen auszuhöhlen“, bemerkt die WHO.
Und weiter: „So wie wir uns vor COVID-19 mit Händewaschen, Abstandhalten und Masken schützen können, können wir die Verbreitung von Falsch- und Desinformation verlangsamen, indem wir Informations-Hygiene betreiben“ – und zum Beispiel die sieben Tipps bzw. Maßnahmen der WHO beherzigen.