WHO: Eine Welt ohne Gebärmutterhalskrebs

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will Gebärmutterhalskrebs weltweit eliminieren. Ihre Strategie stützt sich auf die drei Säulen Impfung, Früherkennung (Screening) und Behandlung. Bei erfolgreicher Umsetzung könnten bis zum Jahr 2050 vierzig Prozent der Neuinfektionen und fünf Millionen Todesfälle vermieden werden. Eine Impfstoffstudie aus Schweden zeigt: Das ist machbar.
Die WHO will Gebärmutterhalskrebs weltweit eliminieren. Bis zum Jahr 2050 könnten weltweit vierzig Prozent der Neuinfektionen vermieden werden.
Die WHO will Gebärmutterhalskrebs weltweit eliminieren. Bis zum Jahr 2050 könnten weltweit vierzig Prozent der Neuinfektionen vermieden werden.

„A cervical cancer-free future” – eine Zukunft ohne Gebärmutterhalskrebs. Die WHO hat im November 2020 den Startschuss gegeben für ihre globale Strategie, um die Elimination von Gebärmutterhalskrebs zu beschleunigen (Global Strategy to Accelerate the Elimination of Cervical Cancer). Ein „historischer Meilenstein“ sei das, denn erstmals haben sich 194 Länder dazu verpflichtet, eine Krebsart zu eliminieren. Um das Ziel zu erreichen, müssen bis 2030

  • 90 Prozent der Mädchen bis zu einem Alter von 15 Jahren geimpft,
  • 70 Prozent der Frauen im Alter von 35 und nochmal mit 45 Jahren getestet,

und

  • 90 Prozent der Frauen mit Gebärmutterhalskrebs in Behandlung sein.

Ein ehrgeiziges, aber ein machbares Ziel. Dabei spielt die HPV-Impfung eine wichtige, wenn nicht die entscheidende Rolle. Das unterstreicht eine Studie aus Schweden, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Dort gingen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Frage nach, ob die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) – eine Infektion mit HPV kann unter anderem Gebärmutterhalskrebs auslösen – tatsächlich auch Krebs verhindert.

Foto: iStock.com/Natali_Mis
Foto: iStock.com/Natali_Mis

Der Impfstoff verhindert Krebsvorstufen. Verhindert er auch Krebs?

Aus Studien war bisher belegt, dass die HPV-Impfung vor der Infektion selbst, vor Genitalwarzen sowie Krebsvorstufen effektiv schützen kann. Die Datenlage, die darüber hinaus zeigt, dass in Folge auch die Krebsraten selbst sinken, war eher dünn, schreiben die Autoren der Studie. Als Grund sehen sie, dass das klassische Design randomisierter Studien hier an seine Grenzen stößt. Denn zwischen einer HPV-Infektion und der Entstehung von Krebs können Jahrzehnte liegen. Der Einsatz der Impfung basierte deshalb bisher auch auf einem Vertrauensvorschuss nach der Gleichung: Die Impfung verhindert die Infektion, die für Gebärmutterhalskrebs verantwortlich ist. Und sie verhindert Krebsvorstufen. Deshalb können wir davon ausgehen, dass sie auch Gebärmutterhalskrebs verhindert.

Der deutsche Wissenschaftler und Nobelpreisträger Harald zur Hausen, dessen jahrzehntelange Forschung die Grundlage für die Entwicklung von HPV-Impfstoffen ist, hat daran nie gezweifelt. Bereits 2006, als die erste Vakzine in Deutschland verfügbar war, hatte er im Interview mit Medizin-Welt erklärt: „Die Impfung ist tatsächlich ein Durchbruch für die Krebsvorbeugung. Denn neben dem Hepatitis-B-Impfstoff ist das bislang der einzige Impfstoff, der gegen spezifische Krebserkrankungen zur Verfügung steht. Er ist auch der einzige Impfstoff, der von vorneherein gegen spezielle Krebserkrankungen gezielt entwickelt wurde.“ Zur Hausen wird von den Daten der schwedischen Studie deshalb nicht überrascht sein, denn seiner Ansicht nach macht der Impfstoff was er soll: Krebs vorbeugen.

Impfung mit Folgen: Geimpfte Frauen mit deutlich geringerem Krebsrisiko

Bei der schwedischen Studie griff man auf die Daten von rund 1,7 Millionen Frauen im Alter zwischen zehn und dreißig Jahren über den Zeitraum zwischen 2006 und 2017 zurück: „Im Studienzeitraum wurde bei 19 Frauen, die den quadrivalenten* HPV-Impfstoff erhalten hatten, Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert und bei 538 Frauen, die nicht geimpft waren“, heißt es in dem NEJM-Papier. Die kumulierte Inzidenz-Rate lag für geimpften Frauen bei 47, bei den nicht-geimpften hingegen bei 94 auf 100.000 (s. Grafik). Und noch eines zeigen die Daten: Je früher die Mädchen geimpft werden, desto besser die Zahlen. „Unter den Frauen, die vor dem 17. Lebensjahr geimpft worden waren, lag die kumulierte Inzidenz im Alter von 28 Jahren bei vier Fällen auf 100.000.“ Oder anders ausgedrückt: Die Nachfolgeuntersuchen zeigten bei Frauen, die vor dem 17. Lebensjahr geimpft worden waren, ein um 88 Prozent niedrigeres Risiko an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken als bei nicht geimpften Frauen.

HPV-Impfstoff senkt Krebsrisiko. ©iStock.com/Natali_Mis
HPV-Impfstoff senkt Krebsrisiko. ©iStock.com/Natali_Mis

Das sind Zahlen, die den Gesundheitsbehörden in Australien bekannt vorkommen dürften (Pharma Fakten berichtete). Das Land blickt auf eine lange Geschichte konsequenter HPV-Präventionspolitik zurück, die lange vor der Einführung der Impfstoffe mit breit angelegten Tests begann. Hinzu kamen groß angelegte Impfprogramme – unter anderem in Schulen. Auch die Jungen werden geimpft – ebenfalls eine alte Forderung von zur Hausen. In Australien soll die jährliche Inzidenz bis 2028 auf vier Fälle von 100.000 fallen.

Der HPV-Impfstoff in Deutschland

Mit konsequenter HPV-Präventionspolitik hat es Deutschland nicht so; hier hat es der HPV-Impfstoff nicht immer leicht gehabt. Im Winter 2008 waren einige Wissenschaftler mit einem so genannten Manifest an die Öffentlichkeit gegangen und die Neubewertung der Vakzine durch die Ständige Impfkommission (STIKO) gefordert. Unter anderem waren die Wirksamkeitsdaten angezweifelt worden. Nicht nur Nobelpreisträger zur Hausen, auch die STIKO selbst kritisierten das Papier scharf (hier nachzulesen), aber der Schaden war gemacht. Es hat Jahre gedauert, bis die Impfraten wieder anzogen. Laut Robert-Koch-Institut liegt sie bei den 18-Jährigen heute bei 51 Prozent.

*quadrivalenter Impfstoff: (auch: vierwertig). In diesem Fall gegen vier Virustypen gerichtet. Es gibt auch einen bivalenten (zwei Virustypen) und einen nonavalenten HPV-Impfstoff (neun).

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