Studie: Krebssterblichkeit in Europa sinkt

In Europa sinkt die Sterblichkeit als Folge von Krebs weiter – sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Aber es gibt Ausnahmen.

Rund 1.267.000 Menschen in der Europäischen Union (EU) werden dieses Jahr ihr Leben als Folge einer Krebserkrankung verlieren. Wem das zu abstrakt ist: Das bedeutet, dass am Jahresende die Städte Köln und Potsdam menschenleer sein würden. Krebserkrankungen hinterlassen in unserer Gesellschaft eine tiefe Spur.

Ein Team um die Wissenschaftlerin Greta Carioli von der Universität Mailand errechnete auf Basis von Daten der Weltgesundheitsorganisation und der Datenbank Eurostat die Zahl der für 2021 erwarteten Krebs-Todesfälle insgesamt, die Krebssterblichkeit allgemein sowie für ausgewählte Krebsarten im Einzelnen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Annals of Oncology“ erschienen.

Die Chance, eine Krebsdiagnose zu überleben, steigt

Die positive Botschaft lautet: Die altersstandardisierte Todesrate in Europa sinkt (s. Grafik). Sie liegt bei Männern nun bei 130,4 pro 100.000 – das ist ein Minus von 6,6 Prozent seit 2015. Bei Frauen sind es 81 Todesfälle pro 100.000 – und auch hier ist die Sterblichkeit im Sinkflug (- 4,5 %). Altersstandardisiert bedeutet, dass der Alterungsfaktor herausgerechnet wird. So lässt sich untersuchen, ob die Fortschritte in Krebsprävention, -diagnose und -behandlung in einer alternden Gesellschaft überhaupt einen Effekt haben (Pharma Fakten berichtete).

Die Zigarette ist für 1/3 aller Krebs-Todesfälle in der EU verantwortlich. Foto: CC0 (Stencil)
Die Zigarette ist für 1/3 aller Krebs-Todesfälle in der EU verantwortlich. Foto: CC0 (Stencil)

Die Chance, eine Krebsdiagnose zu überleben, steigt also kontinuierlich. So geht aus der Studie hervor, dass die Brustkrebs-Todesrate in der EU seit 2015 um knapp acht Prozent zurückgegangen ist. Bei Magenkrebs und Leukämien (für beide biologische Geschlechter) sowie bei Blasenkrebs in der männlichen Bevölkerung sieht Greta Carioli sogar einen Rückgang der Sterblichkeit von jeweils mehr als zehn Prozent.

Rauchen: Für jeden dritten Krebstoten verantwortlich

Leider gibt es auch Ausnahmen. Hoch sind die Todesraten weiterhin bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. Und auch in Bezug auf Lungenkrebs bei Frauen steigen sie kontinuierlich. In Großbritannien rechnet man mittlerweile damit, dass mehr Frauen an Lungen- als an Brustkrebs versterben – ein Trend, dem die EU bald folgen dürfte. Die Eindämmung von Tabakkonsum sollte deshalb eine Toppriorität bleiben. Die Zigarette ist laut den Wissenschaftler*innen für ein Drittel aller Krebs-Todesfälle in der EU verantwortlich.

Die generell sinkende altersstandardisierte Mortalität dürfte das Ergebnis von verschiedenen ineinandergreifenden Maßnahmen sein: Neben der Bekämpfung von Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum oder falscher Ernährung, ist sie ein starker Hinweis darauf, dass Primärprävention, Screening, bessere und frühere Diagnose sowie neue Therapieoptionen Früchte tragen. Durch sie gelingt es, die steigende Zahl der Krebserkrankungen in Europa, die sich allein schon aus der Alterung der Bevölkerung ergibt, von den Todesraten Stück für Stück zu entkoppeln.

Krebs und die Folgen von COVID-19

COVID-19 hat direkte & indirekte Folgen auf Krebs-Betroffene. 
Fotos: ©iStock.com/wildpixel & ©istock.com/peterschreiber.media
COVID-19 hat direkte & indirekte Folgen auf Krebs-Betroffene.
Fotos: ©iStock.com/wildpixel & ©istock.com/peterschreiber.media

Ob sich diese Erfolgsgeschichte in den kommenden Jahren fortschreiben lässt, bezweifeln allerdings viele. Der Grund: die COVID-19-Pandemie. Neben den direkten Folgen, die das Virus auf abwehrgeschwächte Menschen hat, blickt Professor José Martin-Moreno von der Universität Valencia mit Sorge auf die indirekten Folgen, die sich durch die eingeschränkte klinische Betreuung der Betroffenen und die Unterbrechung der Krebsforschung ergeben. „Langfristig gesehen vielleicht am besorgniserregendsten ist die Lähmung von Präventions- und Screeningprogrammen und früher Diagnose“, schreibt er im Editorial für Annals of Oncology. Seit März 2020 seien alle diese Aktivitäten zu einem abrupten Stillstand gekommen. „Natürlich ist es zu früh, diesen Effekt zu beziffern, aber es scheint unausweichlich, dass dies vielleicht sogar dramatische Konsequenzen haben wird.“

Doch gegensteuern sei jetzt schon möglich, meint Martin-Montero – und verweist beispielsweise auf den Europe Beating Cancer Plan. „Es besteht die Hoffnung, dass eine konzertierte europäische Aktion für mehr Vorsorge, Früherkennung und Diagnose, Behandlung und Pflege sowie Lebensqualität den entstandenen Schaden wiedergutmachen kann.“

Zum Zeit verlieren bleibt keine Zeit: Alle neun Sekunden wird irgendwo in Europa ein Mensch mit einer Krebsdiagnose konfrontiert.

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