Innovative Arzneimittel: Deutschland im Vergleich oft günstiger

Die Erstattungsbeträge für Arzneimittel-Innovationen liegen in Deutschland häufig unter den durchschnittlichen publizierten Preisen der betreffenden Produkte in europäischen Vergleichsländern. Das geht aus den „AMNOG-Daten 2021“ hervor, die der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) herausgegeben hat.

Wenn es um die Preise für innovative, patentgeschützte Arzneimittel geht, gilt Deutschland als Hochpreisland. Umso überraschender sind die Daten, die die Gesundheitsökonomen Prof. Dieter Cassel und Prof. Volker Ulrich im Auftrag des BPI ermittelt haben. In „AMNOG-Daten 2021“ heißt es: „Im Jahr 2020 lagen 76 Prozent der deutschen Erstattungsbeträge unter den durchschnittlichen publizierten Preisen der betreffenden Produkte in den europäischen Vergleichsländern“ (siehe Grafik). Und weiter: „Galten die deutschen Patentarzneimittel vor dem AMNOG noch als relativ hochpreisig und in den meisten EU-Ländern als bevorzugter Vergleichsmaßstab zur internationalen Preisreferenzierung, so haben sich die Verhältnisse infolge der AMNOG-Preisabsenkungen inzwischen merklich geändert.“

Das Risiko für Parallelexporte von Arzneimitteln steigt

Als mögliche unmittelbare Folge sehen Cassel und Ulrich, dass es verstärkt zu Parallelexporten aus Deutschland in Länder mit höheren Preisen kommen kann. Damit aber steige das Risiko von Versorgungslücken. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) schreibt dazu: „Inzwischen wird bei Arzneimitteln, die das sogenannte AMNOG-Verfahren durchlaufen haben, Deutschland deutlich häufiger als Herkunftsland angegeben denn als Zielland. Das Exportrisiko, also die Wahrscheinlichkeit, dass ein Medikament in den Parallelexport geht, liegt inzwischen bei 50 Prozent.“ Parallelimporte entstehen, weil sich Händler die Preisunterschiede in den verschiedenen Ländern zunutze machen. Einen medizinischen Sinn haben sie nicht.

AMNOG: Ermitteln des Zusatznutzens neuer Arzneimitteltherapien. 
Foto: ©iStock.com/Natali_Mis
AMNOG: Ermitteln des Zusatznutzens neuer Arzneimitteltherapien.
Foto: ©iStock.com/Natali_Mis

Cassel und Ulrich machen darauf aufmerksam, dass der Vergleich von europäischen Preisen nicht ohne Fallstricke ist. Denn es werden Listenpreise verglichen. Rabatte sind in Deutschland transparent, im Ausland in der Regel nicht – das macht genaue Vergleiche schwierig. Doch die Zunahme von Arzneimittel-Exporten von Deutschland ins europäische Ausland belegt, dass sich das Preisgefüge von innovativen Arzneimitteln hierzulande nach unten entwickelt.

AMNOG: Neuartige Preisregulierung für Arzneimittel

AMNOG steht für „Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz“. Vor zehn Jahren scharf geschaltet, etablierte sich damit eine neuartige Preisregulierung für patentgeschützte Arzneimittel-Innovationen. Pharmazeutische Unternehmer müssen ihre neuen Arzneimittel einer sogenannten frühen Nutzenbewertung unterziehen lassen. Dieses Verfahren soll den Zusatznutzen einer neuen Arzneimitteltherapie gegenüber einer bereits angewandten „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ ermitteln. Der Grad des Zusatznutzens gilt als Grundlage für die Preisverhandlungen zwischen Unternehmer und den Krankenkassen.

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