Weniger Impfungen – weniger Schutz

Um 10 Prozent sind die Schutzimpfungen im vergangenen Jahr in Deutschland zurückgegangen. Das geht aus Zahlen des Beratungsunternehmens IQVIA hervor.

Alles schaut auf die Impfquoten bei COVID-19 – über 170 Millionen Dosen wurden in Deutschland bereits verimpft (s. Impfdashboard). In der öffentlichen Wahrnehmung geht dabei unter, dass die Zahl der Standardimpfungen in Deutschland zurückgeht, wie das Unternehmen IQVIA in einer Analyse zeigt. Weniger Impfungen – das bedeutet weniger Schutz vor Erkrankungen und den Komplikationen, die eigentlich nicht sein müssten. Im ersten Jahr der Pandemie war die Nachfrage gerade bei Grippe- und Pneumokokken-Impfstoffen noch angestiegen – Grund dürfte ein größeres Bewusstsein für die zusätzliche Gefahr einer Grippe oder einer Lungenentzündung gewesen sein. Doch im vergangenen Jahr waren die Zahlen bereits wieder rückläufig (s. Pharma Fakten-Grafik).

Rechnet man die COVID-19-Impstoffe heraus, wurden in Deutschland im Jahr 2021 54 Millionen Impfstoffdosen abgegeben – gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang von zehn Prozent. Mehr als zwei Drittel gingen auf das Konto viraler Infektionen unterschiedlicher Art; hier wurden 2,2 Millionen Dosen (-6 %) weniger verabreicht. Am stärksten betroffen waren bakterielle Impfstoffe wie Pneumokokken- und Meningokokken-Vakzine. Sie verzeichneten ein Minus von 24 Prozent. Auch Mehrfach-Impfstoffe wurden weniger eingesetzt (-11 %). Das gilt insbesondere für jene mit Masern-Mumps-Röteln-Komponente (-18 %). Minuszeichen verzeichnet die IQVIA-Analyse auch bei Influenza (-3 %), sowie bei FSME (-12 %) und HPV (-13 %). Allein Varizellen- und Rotavirus-Impfungen wiesen ein kleines einstelliges Wachstum auf.

STIKO: Impfschutz gerade in einer Pandemie wichtig

Impflücken: Gefahr vor impfpräventablen Erkrankungen. Foto: ©iStock.com/fpm
Impflücken: Gefahr vor impfpräventablen Erkrankungen. Foto: ©iStock.com/fpm

Einen gesonderten Blick wirft die Untersuchung auf die Masernimpfstoffe, für die seit März 2020 eine Impfpflicht gilt. Die Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten. „Besonders bei Kindern unter fünf Jahren und Erwachsenen kann die Infektion zu schweren Komplikationen führen“, heißt es bei IQVIA. „Auch bis zu sieben Jahre nach einer Infektion können tödliche Spätfolgen auftreten. 1 bis 3 von 1.000 an Masern Erkrankten sterben daran. Eine Elimination kann nur erreicht werden, wenn 95 Prozent der Gesellschaft geimpft sind.“ Aktuell sind ca. 74 Prozent der Kinder im Alter von 24 Monaten geimpft. Groß sind die regionalen Unterschiede: In Hamburg sind es fast 81 Prozent, in Sachsen hingegen nur knapp 25 Prozent.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes war die Nachfrage nach MMR-Impfstoffen stark angestiegen, doch seit Mitte des vergangenen Jahres pendelten sich die abgegebenen Impfdosen wieder auf dem Niveau vor der Gesetzesänderung ein.

Bereits im April 2020 hatte die Ständige Impfkommission daran erinnert, wie wichtig ein guter Impfschutz ist: „Gerade während einer Pandemie kommt allgemein gültigen Präventionsmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit große Bedeutung zu. Hierzu zählen vor allem die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen. Die Pandemie sollte keinesfalls zu zusätzlichen Impflücken führen, mit der Gefahr von Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen.“ Eine Aufforderung, die offenbar weitgehend verhallt ist.

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