Impfen: Individuelles Recht, gemeinsame Verantwortung

Impfen: Ja oder nein? Das ist eigentlich eine persönliche Entscheidung. Wenn da nur nicht die wären, die sich selbst nicht gegen impfpräventable Krankheiten schützen können. Das sind z.B. Säuglinge, die noch zu jung sind, um geimpft zu werden. Oder Menschen, deren Immunsystem so am Boden ist, dass eine Impfung gefährlich sein könnte.

Für diese Menschen „denkt“ die Gemeinschaft mit, wenn sie sich impfen lässt. Denn der größte Schutz für Menschen, die sich nicht impfen lassen können, bietet die so genannte „Herdenimmunität“ (s. Grafik). Die Logik dahinter: Je mehr Menschen geschützt sind, desto weniger hat das Virus eine Chance. Aber es reicht nicht, dass viele Menschen sich impfen lassen. Es gibt Mindestziele, die erreicht werden müssen, damit die Herdenimmunität greift. Bei der Grippe sind es in der Risikozielgruppe (z.B. ältere oder chronisch kranke Menschen) 75 Prozent. Bei Masern gibt es den Schutz der Herde erst, wenn 95 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind.

Dass das kein unrealistisches Ziel ist, macht Amerika vor. Nord- und Südamerika gelten bereits seit 2016 als masernfrei. Es ist weltweit die erste Region, die das geschafft hat – nach einem 22 Jahre langen Kampf. Die Masern sind damit bereits die fünfte durch eine Impfung verhinderbare Krankheit, die in den „Americas” durch konsequente Impfkampagnen eliminiert werden konnte – nach den Pocken (1971), der Kinderlähmung (1994), den Röteln und der durch Röteln ausgelösten Rötelnembryofetopathie  (2015).

Den Schutz der Herde gibt es, wenn mindestens 95 Prozent geimpft sind

Europa hinkt hinterher und musste gerade erst wieder Rückschläge vermelden. Nach erheblichen Fortschritten in den vergangenen Jahren hat die Zahl der Masernfälle zuletzt wieder deutlich zugenommen – in der WHO-Region Europa von 5.273 (2016) auf 21.315 Fälle (2017). Schuld daran ist auch Deutschland, das laut Robert Koch-Institut (RKI) im Jahr 2017 929 gemeldete Masern-Fälle registrierte. Im Jahr zuvor waren es lediglich 325 gewesen.

Das Masern-Virus ist sechsmal ansteckender als ein Influenza-Virus. In einem von fünf Fällen kommt es zu schweren Komplikationen wie Ohrenentzündungen, permanente Taubheit, Lungenentzündungen oder sogar Tod. Eine Welt ohne Impfungen sieht so aus: Jede Virusinfektion kann sich in aller Ruhe ausbreiten. Nur die, die bereits eine solche Infektion durchgemacht haben, sind geschützt – oder wenigstens teilweise. Die Strategie, um die Ausbreitung von Viren zu verhindern, lautet deshalb: Durchbrechen der Infektionskette.

Impfungen können so etwas. Sie sind nicht perfekt – schon, weil sie in der Regel keinen hundertprozentigen Schutz gewährleisten können. Aber sie sind das beste Instrument, das der Medizin zum Schutz vor Infektionskrankheiten zur Verfügung steht, wie Experten immer wieder betonen. Auch vor dem Hintergrund der Herdenimmunität sieht das RKI die Europäische Impfwoche (23. – 29.4.2018) als Chance, um die Bevölkerung für die Bedeutungen von Impfungen als individuelles Recht sowie gemeinsame soziale Verantwortung zu sensibilisieren.

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