Zwar ist die Endometriose gutartig – doch eine chronische Erkrankung, die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen kann. Dabei „wächst Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter“, erklärt der Verein Endometriose-Vereinigung Deutschland. „Dieses Gewebe siedelt sich bspw. an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder Bauchfell an.“ Prinzipiell kann es überall wuchern – sogar in der Lunge. Die Folgen: vielfältig. Manche Patient:innen haben keine Beschwerden. Etwa die Hälfte benötigt jedoch dauerhaft Behandlung. Chronische, starke Schmerzen, eingeschränkte Fruchtbarkeit, Auswirkungen auf den gesamten Geist und Körper sind möglich. (Hier gibt es mehr Infos zu Symptomen.)
Trotzdem führt die Endometriose in der Gesellschaft bislang eher ein Schattendasein. „Sehr viele Betroffene“ hätten vor ihrer Diagnose noch nie davon gehört, so die Endometriose-Vereinigung. Und Aufklärungsbedarf gibt es auch unter Mediziner:innen. Bis nach dem Auftreten erster Symptome die Diagnose gestellt wird, vergehen im Durchschnitt 7,5 Jahre. Das hat unterschiedliche Gründe: Dass die Beschwerden von Patient:in zu Patient:in sehr unterschiedlich ausfallen, ist sicherlich eine Herausforderung. Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), konstatiert: „Endometriose geht mit einer zeitintensiven, komplexen Anamnese und Diagnosesicherung einher. Bisher fehlen im vertragsärztlichen Bereich Abrechnungsmöglichkeiten, die diesen Aufwand entsprechend abbilden.“ Zudem kritisiert er eine häufige Bagatellisierung von Menstruationsbeschwerden. Soll heißen: Betroffene machen zu häufig die Erfahrung, dass ihre Leiden als normale Regelschmerzen abgetan und nicht ernstgenommen werden.
Endometriose: Licht in die Dunkelziffer bringen
Immerhin: Die Bekanntheit der Erkrankung scheint zuzunehmen. Laut Zi wurde sie 2022 bei 339.718 gesetzlich krankenversicherten Frauen und Mädchen ab zehn Jahren diagnostiziert. „Die bundesweite rohe Diagnoseprävalenz stieg von 5,7 pro 1.000 Mädchen und Frauen im Jahr 2012 auf 9,5 im Jahr 2022. Das entspricht einer relativen Zunahme von 65 Prozent.“ Stillfried sagt: „Die Ergebnisse unserer Auswertungen deuten darauf hin, dass Endometriose im vertragsärztlichen Bereich in den letzten Jahren verstärkt diagnostiziert worden ist. Die Diagnoseprävalenz liegt allerdings immer noch deutlich unterhalb der epidemiologischen Prävalenzschätzungen. Wir gehen daher von einer recht hohen Dunkelziffer aus“. Noch immer verzweifeln also vermutlich zahlreiche Frauen hierzulande an Beschwerden, für die sie keinen Namen haben.
Dabei gibt es mehrere Therapiemöglichkeiten, welche die Symptome lindern können. Möglich sind Operationen, um Verwachsungen und Endometriose-Herde zu entfernen, sowie Medikamente (etwa zur Schmerzlinderung), die Gabe von Hormonen und komplementäre Behandlungsmethoden wie Physiotherapie. Trotzdem: Die Forschung hat noch einen weiten Weg vor sich. So sind die Ursachen der Erkrankung bis heute nicht geklärt. „Um Endometriose heilen zu können, müssen wir sie besser verstehen“, erklärte Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim in ihrer ZDF-Sendung MAITHINK X. Die Bundesregierung hat 2022 beschlossen, die Erforschung der Krankheit stärker zu fördern.
Weiterführende Links:
Weitere News
Gender Health Gap macht krank
„Wäre Endometriose eine Männerkrankheit, wüsstet ihr genau, was das ist“, sagt Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim. Stattdessen ist diese Unterleibserkrankung für viele Menschen eine große Unbekannte. Es ist ein Beispiel von vielen, das verdeutlicht, wie riesig das „Gender Health Gap“ noch immer ist. Die Folge dieser „Lücke“ in Medizin und Gesundheitswesen: Menschen, die nicht in das Raster von „männlich, weiß, cisgender“ passen, erhalten oftmals eine schlechtere gesundheitliche Versorgung.
„Beratung zu sexueller Gesundheit für trans und nicht-binäre Menschen sollte wertschätzend sein“
„Sexuelle Gesundheit und HIV/STI in trans und nicht-binären Communitys“ – so lautet der Titel einer gemeinsamen Studie von Deutscher Aidshilfe und Robert Koch-Institut. Wir haben mit der Projektleitung Chris Spurgat von der Deutschen Aidshilfe über Ergebnisse und Schlussfolgerungen gesprochen – und darüber, was sich ändern muss, um eklatante Versorgungslücken zu schließen.
Herzinsuffizienz: Frauen werden schlechter versorgt
Die chronische Herzinsuffizienz ist eine Krankheit, die bei Männern wie Frauen in etwa gleichen Anteilen vorkommt. Das ist aber dann schon fast die einzige Gemeinsamkeit. Frauen erhalten nicht dieselbe Qualität bei Diagnose, Therapie und Nachbehandlung wie Männer. Medizinisch begründbar ist das nicht.