Bakterielle Infektionskrankheiten: Errungenschaften der modernen Medizin in Gefahr

Ein Mädchen, das 1901 auf die Welt kam, hatte bei Geburt eine Lebenserwartung von weniger als 50 Jahren. Heute sind es über 83 Jahre. Zu verdanken ist das zu großen Teilen dem medizinischen Fortschritt. Im Rahmen der Serie „Medizinische Zeitreisen“ wirft die Pharma Fakten-Redaktion einen Blick auf Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Wie werden Krankheiten HEUTE behandelt, wie war das GESTERN und was verspricht das ÜBERMORGEN? In dieser Ausgabe im Fokus: der Kampf gegen bakterielle Infektionskrankheiten. Caroline Schweizer, Senior Medical Advisor im Bereich Antiinfektiva bei Pfizer, stand Rede und Antwort.

Wie geht die Menschheit HEUTE mit bakteriellen Infektionskrankheiten um?

Caroline Schweizer, Senior Medical Advisor im Bereich Antiinfektiva. Foto: Pfizer
Caroline Schweizer, Senior Medical Advisor im Bereich Antiinfektiva. Foto: Pfizer

Caroline Schweizer: Vor einigen Erregern wie den Tetanus-Bakterien schützen Impfungen – eine Infektion kann also verhindert werden. Darüber hinaus gilt: Selbst schwerwiegende bakterielle Infektionskrankheiten lassen sich heute oftmals gut behandeln. Als „medizinische Wunderwaffe“ gelten hier die Antibiotika – es sind Medikamente, die spezifisch gegen Bakterien wirken. Seit Mitte der 1940er-Jahre sind sie für viele Menschen ein Lebensretter. Chemotherapien, Organtransplantationen oder die Versorgung von Frühgeborenen – das alles wäre ohne Antibiotika nicht denkbar. Folgendes Beispiel: Was nützt eine kostenintensive Transplantation einer Leber, wenn der Patient, dessen Immunsystem unterdrückt werden muss, damit der Körper das fremde Organ nicht abstößt, dann an einer unkomplizierten bakteriellen Infektion verstirbt? Antibiotika haben die moderne Medizin, wie wir sie heute kennen, überhaupt erst möglich gemacht.

Wie war das GESTERN bzw. in der Vergangenheit?

Schweizer: In der prä-antibiotischen Ära standen den meisten Menschen der Welt weder flächendeckend Impfungen noch Antibiotika zur Verfügung. Infektionen konnten in der Regel nicht oder nur unzureichend behandelt werden – viele Erkrankte verstarben. Schon eine einfache Wundinfektion konnte das Todesurteil bedeuten.

Werfen wir einen Blick auf das ÜBERMORGEN: Wie könnte die Zukunft aussehen?

Schweizer: In den vergangenen Jahrzehnten hat der Anteil der Erreger, gegen die der Großteil der verfügbaren Antibiotika nicht mehr wirkt, stetig zugenommen. Der Grund ist die Verbreitung von Resistenzen: Das ist eigentlich ein ganz natürlicher Prozess. Krankheitserreger lernen zu überleben – sie verändern sich auf eine Art und Weise, dass sie der Behandlung mit Arzneimitteln widerstehen. Die Ausbreitung von Resistenzen wird jedoch u.a. dadurch befördert, wenn Antibiotika zu häufig oder unsachgemäß zum Einsatz kommen. Ehemals sehr gut wirksame Medikamente werden zunehmend unwirksam. Schon heute sterben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit rund 700.000 Menschen jährlich aufgrund von antimikrobiellen Resistenzen, zu denen auch Antibiotikaresistenzen gehören. Die Tendenz ist steigend. Wenn wir nicht schnell und entschlossen handeln, droht uns der Rückfall in ein medizinisches Mittelalter, wo das Leben eines 25-Jährigen in Gefahr ist, wenn er nach einem Fahrradunfall eine Wundinfektion entwickelt. Deshalb setzen wir uns bei Pfizer gegen die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ein und investieren in die Entwicklung neuer Antibiotika.

Ein Beispiel dafür ist der „AMR Action Fund“, der im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde. Mehr als 20 Pharmaunternehmen, Stiftungen und die europäische Entwicklungsbank haben sich zusammengeschlossen, um mit einer Milliarde Euro die Forschung und junge Biotech-Firmen zu unterstützen. Das ist wichtig, denn die Entwicklung neuer Antibiotika ist eine große wissenschaftliche Herausforderung – und wirtschaftlich betrachtet häufig ein Verlustgeschäft. Schließlich sollen die Präparate möglichst selten eingesetzt werden, um Resistenzen zu vermeiden. Das gemeinsame Ziel der Beteiligten des AMR Action Fund: zwei bis vier neuartige Antibiotika bis 2030.

Weitere Artikel aus der Serie „Heute – Gestern – Übermorgen“ lesen Sie hier.

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