Wo stehen wir HEUTE in der Zell- und Gentherapie gegen bestimmte Tumore?
Dr. Niklas Münchmeier: Wir wissen heute viel mehr über das Zusammenspiel zwischen dem Immunsystem und dem Tumor bzw. den Tumorzellen als das noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war. Aus diesen Erkenntnissen ließen sich Ansatzpunkte ableiten, wie das Immunsystem gegen den Tumor in Stellung gebracht werden kann. Gleichzeitig hat auch die Gentechnik enorme Fortschritte gemacht. Heutzutage ist es möglich, Immunzellen eines individuellen Patienten gezielt genetisch zu modifizieren und ihnen dadurch die Fähigkeit zu verleihen, gezielt gegen Tumorzellen vorzugehen, die vorher gewissermaßen durch das Raster des Immunsystems gefallen sind. Man spricht davon, dass die Immunzellen mit einem chimären Antigenrezeptor, dem CAR, ausgestattet werden. Eine CAR-T-Behandlung vereint die Merkmale drei innovativer Therapieformen – die der Immun-, Zell- und Gentherapie. Auf diese Weise können Behandlungserfolge erzielt werden, weswegen die Zell- und Gentherapie heutzutage eine wichtige zusätzliche Säule in der Krebstherapie darstellt.
Wie war das GESTERN bzw. in der Vergangenheit?
Münchmeier: In der Krebstherapie wurde und wird schon immer sehr viel an neuen Behandlungsoptionen geforscht, die die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kontinuierlich erweitern. Standen den behandelnden Ärzten lange Zeit nur die „klassischen“ Säulen der Krebstherapie zur Verfügung – Operationen, zytotoxische Chemotherapien und Bestrahlungen – kamen später zielgerichtete Therapien und erste Immuntherapien wie z.B. Checkpoint-Inhibitoren hinzu. Dies hat dazu geführt, dass die Heilungschancen und Lebenserwartungen von Krebspatienten über die Jahrzehnte hinweg kontinuierlich gestiegen sind. Die Einführung der Zell- und Gentherapien ist gewissermaßen das jüngste Kapitel in dieser Geschichte.
Wie könnte die Zukunft der Zell- und Gentherapie im Kampf gegen Krebs aussehen?
Münchmeier: Die bislang zugelassenen Zell- und Gentherapien sind nur für die Therapie bestimmter Arten von Blutkrebs anwendbar. Die Entwicklung schreitet aber in großen Schritten voran, sodass in Zukunft möglicherweise viele Arten von Krebs mit dieser Methode behandelt werden könnten. Neben weiteren Blutkrebsarten ist perspektivisch auch ein Einsatz gegen solide Tumore denkbar. Parallel dazu entwickeln sich auch die technischen Möglichkeiten weiter, sodass die Behandlung noch einfacher und schneller durchführbar wird. All dies könnte letztlich den Krebspatienten zugutekommen und deren Chancen auf ein krebsfreies Leben weiter verbessern.
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