COPD: Medizinischer Bedarf noch immer groß

6,8 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) – ein schweres und fortschreitendes Leiden, bei dem die Atemwege dauerhaft verengt sind. Fachleute gehen davon aus, dass die Zahl der Betroffenen künftig steigen wird. Denn zu den Risikofaktoren gehört nicht nur Tabakrauch, sondern zum Beispiel auch Luftverschmutzung. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation wird COPD bis 2030 die dritthäufigste Todesursache weltweit sein. Trotz medizinischer Fortschritte bleibt daher viel zu tun. Ein Interview mit Dr. Karim El Kasmi, Senior Principal Scientist in Immunology and Respiratory bei Boehringer Ingelheim. Das Pharmaunternehmen blickt auf 100 Jahre Erfahrung in der Therapie von Atemwegs- und Lungenerkrankungen zurück.
Dr. Karim El Kasmi, Boehringer Ingelheim. Foto: privat
Dr. Karim El Kasmi, Boehringer Ingelheim. Foto: privat

Wo stehen wir HEUTE in der COPD-Therapie?

Dr. Karim El Kasmi: COPD ist bislang nicht heilbar. Aber: Aktuelle Therapiemöglichkeiten können das Fortschreiten der Lungenschädigung verlangsamen, die Symptome wie Auswurf, Husten, Atemnot lindern und die Häufigkeit sowie Schwere sogenannter Exazerbationen – akute Verschlechterungen der Erkrankung – verringern. Tragende Säule der COPD-Therapie bilden die Bronchodilatatoren, die die Atemwege erweitern. Dazu zählen unter anderem langwirksame Anticholinergika (LAMA) und langwirksame Beta-2-Agonisten (LABA). Gerade in Kombination können sie besonders effektiv sein und die Lungenfunktion verbessern. Mindestens genauso wichtig wie die Medikamente selbst sind die Inhalationsgeräte. Denn mit ihrer Hilfe werden die Wirkstoffe eingeatmet und gelangen an den Ort im Körper, an dem sie wirken sollen: in die Lunge und die tiefen Atemwege. Voraussetzung ist, dass sie richtig angewendet werden. Daher ist es gut, dass heutzutage verschiedene Inhalatoren zur Verfügung stehen – so können Ärzt:innen und Patient:innen gemeinsam entscheiden, welches Gerät für wen am besten geeignet ist.

Wie war die Behandlung GESTERN bzw. in der Vergangenheit?

Dr. Karim El Kasmi: Lange Zeit erfolgte die COPD-Therapie sehr unsystematisch. Langwirksame Bronchodilatatoren, die vor allem für die Dauertherapie von großer Bedeutung sind und die Atemwege zwölf bis über 24 Stunden erweitern, gab es früher nicht. Das Problem: COPD ist eine chronisch-fortschreitende Erkrankung. Nur mit dauerhafter Therapie lässt sich der Verschlechterung des Gesundheitszustands entgegenwirken. Die Zulassung der ersten langwirksamen Bronchodilatatoren in den 1990ern und 2000ern war daher ein Meilenstein in der COPD-Therapie.

Wie könnte die COPD-Behandlung ÜBERMORGEN, also in der Zukunft, aussehen?

Dr. Karim El Kasmi: Die Forschung und Entwicklung im Bereich von verschiedenen Atemwegs- und Lungenerkrankungen läuft auf Hochtouren. Bei COPD muss es künftig gelingen, die anfangs oftmals asymptomatische Erkrankung früher zu diagnostizieren. Denn dann können die Patient:innen mit einer Behandlung beginnen, bevor irreparable Schäden entstanden sind. Unabhängig davon gilt: Noch gibt es keine Medikamente, die die fortschreitende Lungenschädigung gänzlich verhindern oder ungeschehen machen können. Aber jeden Tag lernen Wissenschaftler:innen weltweit mehr über die zugrundeliegenden Ursachen und Krankheitsmechanismen bei COPD dazu.

Es geht zunehmend in die Richtung der Präzisionsmedizin: Eine große Rolle spielen dabei sogenannte Biomarker, also biologische, objektiv messbare Merkmale im Körper der Patient:innen. Sie können zum Beispiel Aufschluss geben, für welchen Patienten welche Therapie am besten geeignet ist. Und: Durch das wachsende Wissen lassen sich womöglich neue Ansätze für Therapien mit innovativen Wirkmechanismen finden. Das Ziel: direkt in den Krankheitsverlauf eingreifen – und ihn abändern.

Weitere Artikel aus der Serie „Medizinische Zeitreisen: Heute – Gestern – Übermorgen“ lesen Sie hier.

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