Wo stehen wir HEUTE in der Therapie von PNH?
Dr. Janna Arnold: Heute wissen wir: Die Ursache der PNH ist eine erworbene Genmutation, die letztlich dazu führt, dass das Komplementsystem, ein Teil des angeborenen Immunsystems, die Zerstörung der eigenen, primär roten Blutkörperchen auslöst. Durch dieses Wissen konnten Medikamente erforscht und entwickelt werden, die in genau diesen Prozess eingreifen. Seit 2007 steht als erste spezifische medikamentöse Therapie ein sogenannter Komplementinhibitor zur Verfügung – ein Durchbruch in der Behandlung dieser schweren Erkrankung. Dieser monoklonale Antikörper bindet gezielt an ein bestimmtes Protein des Komplementsystems, um es zu hemmen, und kann so die Zerstörung der roten Blutkörperchen stoppen und die damit einhergehenden Krankheitssymptome reduzieren. Unter Behandlung können Betroffene heute eine annähernd normale Lebenserwartung, weniger klinische Symptome und eine deutlich verbesserte Lebensqualität haben. Inzwischen gibt es einen weiteren zugelassenen Komplementinhibitor, der über einen wesentlich längeren Zeitraum wirkt. Das heißt: Die Patienten erhalten nicht wie bisher alle zwei Wochen eine Infusion, sondern nur noch alle acht Wochen – eine große Erleichterung im Alltag.
Kommen wir zum GESTERN: Wie war die Behandlung von PNH in der Vergangenheit?
Arnold: Fast 140 Jahre ist es her, dass das Krankheitsbild der PNH erstmals von einem deutschen Arzt beschrieben wurde. Die genaue Ursache und die Entstehungsprozesse der Erkrankung waren damals noch nicht bekannt. Erst in den 1970er-Jahren begann die Erforschung des Komplementsystems auf molekularer Ebene. Bis zur Zulassung der Komplementinhibitoren lag der Fokus rein auf der Behandlung der Symptome – etwa in Form von Bluttransfusionen. Damals verlief die Erkrankung häufig sehr schwer. Mit heutiger Komplementinhibition können Patienten eine normale Lebenserwartung erzielen – vergleichbar mit Gesunden.
Werfen wir einen Blick auf das ÜBERMORGEN: Wie lässt sich die Behandlung der Betroffenen in Zukunft weiter verbessern?
Arnold: Zum einen geht es darum, die bereits verfügbaren Therapieoptionen weiterzuentwickeln. Ein Beispiel: Aktuell werden die monoklonalen Antikörper über intravenöse Infusionen gegeben. Wir arbeiten daran, dass eine Gabe über eine subkutane Injektion möglich wird. Dann könnten sich die Betroffenen das Arzneimittel selbst flexibel verabreichen. Die Hoffnung: ein noch größeres Maß an Flexibilitat und Lebensqualität. Zum anderen forschen wir an neuen Wirkstoffkandidaten: Denn es gibt nach wie vor einen großen medizinischen Bedarf – etwa, wenn Menschen nicht ausreichend auf die verfügbaren Behandlungsoptionen ansprechen. Daher werden Therapieansätze untersucht, die ganz neue Wirkmechanismen im Kampf gegen PNH verfolgen.
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