Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

Patientenverbände sind auf jeden Euro angewiesen

Patientenorganisationen tauschen sich mit Pharmaunternehmen und Krankenversicherungen aus. Von beiden bekommen sie Geld. Übliche Vorgänge, bei dem alle Parteien das gleich Ziel haben: eine bessere Versorgung für Patienten. Die Zuwendungen der Industrie werden jedoch immer wieder zum Streitthema, der Vorwurf der Einflussnahme wird laut. Dabei regeln Kodizes diesen Punkt sehr genau. Verstöße dagegen sind die Ausnahme. Anfang April veröffentlichen die Pharmaunternehmen, wem sie wie viel Geld gegeben haben.

Die Beteiligung von Patientenverbänden im Gesundheitswesen ist im Sozialgesetzbuch fest verankert. Mehr als 70.000 Selbsthilfegruppen gibt es in Deutschland. Die Patientenvertreter setzen regelmäßig wichtige Projekte zusammen mit Unternehmen um. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) startete in Zusammenarbeit mit Arzneimittelherstellern das erfolgreiche Projekt „Barrierefreier Beipackzettel“.  Seit dem Jahr 2010 finden Menschen mit einem Seh-Handicap auf der Internetseite Patienteninfo-Service für ihre Bedürfnisse angepasste Informationen. Sie können Beipackzettel als Großdruck abrufen oder sie werden ihnen vorgelesen.

Das ist nur ein Beispiel von vielen, das den hohen Nutzen dieser Kooperationen zeigt. Ohne das Zusammenspiel von DBSV und den beteiligten Unternehmen wäre das Projekt  kaum gelungen. Auch der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) sieht die wichtige Rolle der Patientenorganisationen. „Sie sind ein wichtiger Teil der Selbsthilfe Betroffener und leisten einen wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“, erklärt GKV-SV-Pressesprecher Florian Lanz.

Ohne Transparenz keine Glaubwürdigkeit

So groß der Nutzen solcher Kooperationen auch ausfällt, kritische Fragen müssen sich Patientenorganisationen wegen der Spendenfinanzierung – auch aus der Pharmaindustrie – immer wieder gefallen lassen. Dabei sind die Organisationen auf finanzielle Hilfe angewiesen, um überhaupt ihre Arbeit leisten zu können. „Viele Selbsthilfegruppen sind auf jeden Euro Unterstützung angewiesen“, unterstreicht der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn auf Anfrage von Pharma Fakten. Umso wichtiger sind absolute Transparenz und klare Regeln, gerade auch mit Blick auf Spenden von der Pharmaindustrie.“ Sonst sei es um die Glaubwürdigkeit schnell geschehen. Lanz sieht das ähnlich: „Wir begrüßen es, wenn die Pharmaindustrie Transparenz darüber herstellt, wem sie Gelder zukommen lässt.“

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) haben sich mittels AKG und FSA selbst Transparenzregeln auferlegt. „Die Mitgliedsunternehmen des FSA haben sich im Sinne einer transparenten und ethisch einwandfreien Zusammenarbeit dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit jährlich über ihre Zuwendungen an Organisationen der Patientenselbsthilfe zu informieren“, erklärt FSA-Geschäftsführer Dr. Holger Diener. Anfang April werden jedes Jahr die Zahlen dazu auf den Internetseiten der Unternehmen veröffentlicht. Der FSA stellt eine Transparenzliste mit Links zu allen Unternehmen zur Verfügung.

Verstöße gegen die Transparenzbestimmungen kommen vor, doch sie sind selten. „Um zu gewährleisten, dass Neutralität und Unabhängigkeit der Patientenorganisationen gewahrt werden, hat der FSA klare Spielregeln für diese Kooperationen formuliert“, sagt Diener. Seit Bestehen im Jahr 2008 hat es insgesamt nur fünf Beanstandungen gegeben. In zwei Fällen wurden die Verfahren eingestellt. Drei Mal mahnte die Schiedsstelle die an Verstößen beteiligten Unternehmen ab. Eine Praxis, die sich längst bewährt hat.

Patientenvertretungen sind wichtiger Teil der Forschungskette

Neben der freiwilligen Selbstverpflichtung haben Pharmaunternehmen selbst transparente Rahmenbedingungen aufgestellt, um die Unabhängigkeit von Patientenorganisationen zu gewährleisten. GlaxoSmithKline (GSK) zum Beispiel hat im Jahr 2006 eindeutige Regeln für die Zusammenarbeit als eigenen Patientenkodex definiert. Seither veröffentlicht das Pharmaunternehmen jährlich alle Zahlungen. Auch fließen die GSK-Zuwendungen im besten Fall an die Bundesverbände der verschiedenen Selbsthilfegruppen, die ihrerseits die Gelder dann an ihre regionalen Gruppen weitergeben. Bei dieser Regelung besteht also kein direkter Kontakt zwischen Unternehmen und letztendlichem Empfänger.

Auf den Austausch mit Patientenvertretern will das Pharmaunternehmen künftig auf keinen Fall verzichten. Denn sie sind wichtiger Bestandteil in der Suche nach neuen Therapieansätzen. „Der Austausch mit Patientenvertretern ist für forschende Arzneimittelhersteller essentiell, um ein vollständiges Bild der Versorgung sowie der Bedürfnisse von Patienten zu erhalten“, erklärt GSK-Pressesprecher Markus Hardenbicker. Auf der anderen Seite können die Patientengruppen sich erst dank der Mittel von Krankenkassen und  Pharmafirmen selbst helfen. Erst diese Gelder machen es möglich, Infomaterialien, Websites und neueste Informationen zu Therapien für Patienten zugänglich zu machen. Eine Zusammenarbeit ist von allen Seiten gewünscht – die Offenlegung von Zahlungen ein nur logischer Schritt.

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: