Warum gibt es für Thrombose- und Herz-Kreislauf-Patienten neue Medikamente?
Jahrzehntelang wurden Patienten mit dem klassischen Gerinnungshemmer, dem Vitamin-K-Antagonisten Marcumar, behandelt. Nach Meinung des Ärztefachverbandes Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) haben NOAKs die Therapien bei Vorhofflimmern und Thrombosen anwenderfreundlicher und sicherer gemacht. Die Vorteile: Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind deutlich geringer. Auch entfallen mit Verschreibung der NOAKs die regelmäßigen Blutmessungen, um die Dosierung des Gerinnungshemmers festzulegen.
Bei Marcumar-Therapien ist diese strapaziöse und teure Prozedur notwendig. Der DGK empfiehlt daher ausdrücklich die Verwendung von NOAKs und sieht diese Medikamente als künftige Standardtherapie bei tiefer Beinvenenthrombose oder als Prävention gegen Schlaganfälle bei Patienten mit Vorhofflimmern. „Die Wirkung ist vorhersehbarer und unterliegt nicht so großen Schwankungen wie Marcumar“, erklärt DGK-Präsident Prof. Dr. Christian Hamm. Deshalb komme es seltener zu Blutungen und Schlaganfällen. Er betont: „Auch gegenüber optimal mit Marcumar eingestellten Patienten ist ein Vorteil nachweisbar.“ Auch der Gemeinsame Bundesausschuss bescheinigte einem der Präparate einen Zusatznutzen.
Was wäre die Folge, wenn Patienten NOAKs ohne Rücksprache mit dem Arzt absetzen?
Die Anwendung von Gerinnungshemmern erfolgt ausschließlich nach ärztlichem Befund. Die Therapietreue ist bei jedem Gerinnungshemmer, egal ob NOAK oder anderer Arznei, unverzichtbar. Unterlassen Patienten plötzlich eigenmächtig die Einnahme, gefährden sie ihr Leben. Prof. Hamm sagt: „Unter- und Überdosierung bergen große Risiken: Entweder führen sie zu Schlaganfall oder einer Blutung.“
Welche Maßnahmen gibt es, um Blutungen durch Gerinnungshemmer zu stoppen?
Für die NOAKs wurde ein erstes Antidot zugelassen, weitere sind in der Entwicklung. Noch in diesem Jahr rechnen Fachärzte mit einer Zulassung innerhalb der Europäischen Union. „Diese Antidote ermöglichen eine sofortige Korrektur“, erklärte Prof. Hamm im April 2015 gegenüber Pharma Fakten. Gleichwohl klingt die Wirkung der neuen Gerinnungshemmer in etwa in der gleichen Zeit ab, in der gegen die älteren Vitamin-K-Antagonisten überhaupt Gegenmaßnahmen ergriffen werden könnten. „Auch für Marcumar gibt es kein wirkliches Antidot“, betont Prof. Hamm. Die Verabreichung von Vitamin K, das die Wirkung von Marcumar aufhebt, wirke erst nach vielen Stunden oder Tagen und sei nicht ganz ohne Risiko. „Da die Halbwertszeiten der NOAKs kürzer sind, erübrigt sich die Therapie meist bei nicht lebensbedrohlichen Blutungen.“