Malaria-Patienten retten mit SMS

Malaria stellt viele afrikanische Länder vor gravierende Probleme. SMS sollen dabei helfen, die Versorgung der Menschen mit Medikamenten zu verbessern. Das Projekt „SMS for Life“ zeigt dabei erste Erfolge und wird jetzt ausgeweitet.

Etwa 50 Prozent weniger Todesfälle als noch im Jahr 2000 und eine stetig sinkende Zahl von Neuerkrankungen – so lautet das Fazit des aktuellen Weltmalariareports der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das ist vor allem auf den besseren Zugang zu Medikamenten, Schnelltests sowie die flächendeckende Verfügbarkeit von Moskitonetzen zurückzuführen. Um die Vision einer Welt ohne Malaria zu verwirklichen, muss vor allem aber an der Logistik gearbeitet werden. „Wir haben die richtigen Instrumente, müssen diese aber zu noch mehr Menschen bringen“, betonte Generaldirektorin der WHO, Margaret Chan. An diesem Punkt setzt die Initiative „SMS for Life“ an.

Verteilung: Eine besondere Herausforderung

Mit Medikamenten ist Malaria gut behandelbar. Um die Therapie bezahlbar zu halten, stellen Pharmaunternehmen wie GlaxoSmithKline und Sanofi-Aventis Arzneien zum Selbstkostenpreis zur Verfügung. Der Arzneimittelhersteller Novartis hat in den vergangenen zehn Jahren auf diese Weise mehr als 700 Millionen Behandlungseinheiten der gängigen Kombinationstherapie bereitgestellt. Das Problem: Manchmal kam die Arznei einfach nicht rechtzeitig an. Das kam auch in Tansania vor, wo „SMS for Life“ als Pilotprogramm begann. Das afrikanische Land besitzt eine unzureichende Infrastruktur. Schwer bis gar nicht befahrbare Schotterpisten sind die Regel, asphaltierte Straßen die Ausnahme. Und das auf einer Fläche, die mehr als doppelt so groß wie Deutschland ist.

Zusätzlich lief die Verteilung an die tausenden kleinen medizinischen Zentren im Land, die sogenannten Dukaladawas, größtenteils unkoordiniert ab. Nur schwer war es zu verfolgen, was mit den Medikamenten passierte. Kaum ein Zentrum führte Buch über seine Arzneimittelbestände. „Deshalb erhielten damals alle Dukaladawas die gleiche Menge vom Zentrallager in der Hauptstadt zugeschickt – unabhängig davon, ob sie die Medikamente überhaupt benötigten oder nicht“, erklärt Peter Büsch, Projektmanager von Novartis. Letztlich platzten die Lager einiger der mehreren tausend Stationen aus allen Nähten, während andernorts Patienten ohne Arznei wieder nach Hause geschickt werden mussten.

Buchhaltung per SMS

Das Team um Peter Büsch, unter der Leitung des damaligen weltweiten IT-Chefs von Novartis, erkannte dennoch eine große Chance, die Infrastruktur des tansanischen Gesundheitssystems zu nutzen. „Die Struktur stand, sie musste nur in neue Bahnen gelenkt werden“, erzählt er. Die Lösung: Handys. Im Gegensatz zur mangelhaften Verkehrsinfrastruktur verfügen die meisten afrikanischen Länder über ein gut abgedecktes Mobilfunknetz. Die meisten Tansanier – selbst in den Slums – nutzen ein Mobiltelefon. Gemeinsam mit den Projektpartnern, darunter große Mobilfunk- und IT-Unternehmen wie Google, IBM, Microsoft und Vodafone, entwickelte Novartis ein SMS-Bestellsystem, das leicht zu verstehen ist.

„Y8, B3, R10, G2: Vier Buchstaben und vier Zahlen können so eine ganze Buchhaltung ersetzen“, fasst Büsch zusammen. Über diese Codes geben die Betreiber der Dukaladawas einmal pro Woche per SMS ihren Lagerbestand an die zentrale Verteilstelle durch. Die Buchstaben stehen dabei für die Farben der Faltschachteln: Yellow, Blue, Red und Green und somit für die jeweilige Wirkstärke. Mit der Zahl dahinter wird die Anzahl der noch vorhandenen Verpackungen angegeben. Die SMS sind für die Betreiber der Stationen kostenfrei, als Anreiz zur Teilnahme wird ihnen eine Bonus-SMS gutgeschrieben.

Wenige Tage statt mehrere Monate

Die zugesandten Informationen zu den Lagerbeständen werden in einer zentralen Datenbank gespeichert. Sie ermöglicht Umverteilungen von Medikamentenbeständen oder die Bestellung neuer Lieferungen. Das neue System hat die gesamte Versorgung mit Malaria-Medikamenten in Tansania effizienter gemacht. Nach einem Jahr waren alle Dukaladawas verlässlich mit Medikamenten versorgt. Zum Vergleich: Zu Projektbeginn war das nur bei jeder vierten Station der Fall. Lieferengpässe konnten um 70 Prozent reduziert werden. Sollten die Medikamente doch einmal knapp werden, kann Nachschub nun innerhalb von ein bis zwei Tagen bereitgestellt werden. Vor dem SMS-Projekt konnte die Lieferzeit in manchen Fällen mehrere Monate betragen.

Andere Länder, andere Medikamente, gleiches System

Mittlerweile wurden über 5.000 Stationen im Land an „SMS for Life“ angeschlossen. Andere Länder wie Ghana, Kenia, Kamerun und die Demokratische Republik Kongo haben das System übernommen. Dabei beschränkt sich „SMS for Life“ nicht mehr allein auf Malaria-Medikamente. Auch die Verwaltung von Blutkonserven, Antibiotika sowie Malaria-Schnelltests, Moskitonetzen oder Patientendaten kann über das System abgewickelt werden. So wurde „SMS for Life“ in Tansania auf Lepra- und Tuberkulose-Medikamente ausgeweitet. Daneben arbeitet Novartis in einem Pilotprojekt in Nigeria bereits an einer Tablet-PC-basierten Variante.

Die Tabletversion bietet eine umfangreichere Erfassung von wichtigen Daten, beispielsweise der Zahl der positiven Malariatests oder der akut erkrankten Patienten.  Darüberhinaus werden per Tablet Fortbildungen für die medizinischen Fachkräfte in den Zentren angeboten. Peter Büsch ist froh über die Entwicklung, die mit „SMS for Life“ angestoßen wurde. Dass das Projekt so erfolgreich ist, ist für ihn jedoch keine große Überraschung: „SMS for Life lebt, weil die Idee dahinter so simpel ist!“

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