Die Ebola-Epidemie in Westafrika hat verheerende Folgen für die dort lebende Bevölkerung. Rund 1.700 Menschen haben sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Virus infiziert, mehr als 1.000 sind bereits an den Folgen der Erkrankung gestorben. Heilmittel oder Impfungen gegen die Krankheit, deren Ausprägung bei der aktuellen Epidemie in knapp 80 Prozent der Fälle zum Tod führt, existieren bislang nicht. Weshalb nicht?
„Die Pharmaindustrie hat im Bereich Ebola noch nicht ausreichend geforscht“, sagt Prof. August Stich von der tropenmedizinischen Fachabteilung der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg. Ist die Pharmaindustrie also Schuld an der Misere in Westafrika? Dieser Vorwurf ist zumindest Teil der Diskussion – wie immer, wenn eine noch nicht heilbare Krankheit Schlagzeilen macht.
„Vorsicht mit zu hohen Erwartungen“
Dabei sind es gerade die Forschungsanstrengungen der Arzneimittelhersteller, die jetzt zumindest Hoffnung machen: Zwei amerikanische Ärzte wurden vermutlich erfolgreich mit dem experimentellen Wirkstoff Zmapp behandelt. Das Unternehmen sagt, dass noch in diesem Jahr getestet werde und der Wirkstoff schon 2015 zur Verfügung stehen könnte. Ein weiteres Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit dem US-Verteidiungsministerium den experimentellen Wirkstoff TKM-Ebola entwickelt, der direkt in Westafrika eingesetzt werden soll. Prof. August Stich ist allerdings skeptisch: „Normalerweise lässt sich in dieser Kürze kein Medikament entwickeln.“ Mit hohen Erwartungen solle man vorsichtig sein.
„Warum machen die Pharmaunternehmen nicht ein bisschen schneller?“, fragte WDR5-Moderatorin Marlis Schaum im Rahmen des Beitrags zu Ebola in der Wissenschaftssendung Leonardo am 5. August. Auf diese Frage gibt es zwei Antworten. Erstens: Selbst wenn Medikamente wie Zmapp oder TKM-Ebola in dem jetzt gestarteten experimentellen Einsatz erfolgreich ist, müssen sie vor einem Masseneinsatz die notwendigen klinischen Tests und Zulassungsverfahren durchlaufen. Ein übereilter Einsatz in der Breite wäre medizinisch nicht zu verantworten. Zweitens: Erfolg in der Forschung gibt es nicht auf Bestellung. Nur einer von 10.000 im Labor entwickelten Wirkstoffen schafft es durch alle Testreihen bis auf den Markt. Die Entwicklung des ersten Malaria-Impfstoffes beansprucht bereits 18 Jahre Forschung.
Forscht die Pharmaindustrie ausreichend?
Forschen die Pharmaunternehmen nun ausreichend nach einem Ebola-Heilmittel oder nicht? Wie viele Projekte es gibt und welchen Stand sie haben, ist nicht bekannt. Klar ist: Ebola ist trotz großer Schlagzeilen eine sehr seltene Krankheit. Seit dem ersten Auftreten im Jahr 1976 hat es vor dem aktuellen Fall laut WHO 14 Ausbrüche mit insgesamt 2.384 Infizierten gegeben. Das erschwert nicht nur die Forschung, sondern auch die Finanzierung der entsprechenden Projekte. Die Kosten für die Erforschung eines neuen Wirkstoffes können bis zu einer Milliarde Euro betragen – im Falle von Ebola wäre das aus rein finanzieller Sicht ein garantiertes Verlustgeschäft, eine Finanzierung der Forschung würde dadurch deutlich erschwert.
Erfolge bei seltenen Krankheiten
Anreizprogramme wie die Orphan Drugs Regelung der EU oder Public Private Partnerships, die bei anderen seltenen Krankheiten erfolgreich eingesetzt werden, könnten hier Modell für eine Lösung stehen. Die London Declaration zu den so genannten vernachlässigten Tropenkrankheiten und der dazugehörige Fahrplan der WHO zeigen, wie viel auf diese Weise erreicht wird: Bis 2020 steht die Ausrottung oder starke Eindämmung mehrerer Tropenkrankheiten wie Dengue-Fieber oder Elephantiasis auf dem Plan, die weltweit nicht nur einige tausend, sondern Millionen Menschen betreffen, auch wenn sie keine Schlagzeilen machen.