Tempo beim Wettbewerb um Innovationen steigt

Die Zeiten, in denen nur ein Medikament für eine längere Spanne eine therapeutische Klasse bildete, sind längst passé. Pharmaunternehmen liefern sich vielmehr einen rasanter werdenden Innovationswettbewerb. Nach einer Studie des amerikanischen Gesundheitsökonomen Joe DiMasi folgt einer Durchbruchsarznei in immer kürzerer Zeit ein Präparat, das dem gleichen Wirkmechanismus folgt. Patienten profitieren dadurch von mehr Therapieoptionen. Obendrein sinken die Preise für die Medikamente.

Die Entwicklung von neuen Arzneimitteln dauert in der Regel zehn bis 15 Jahre. Um einen Durchbruch zu erreichen, investieren die Pharmaunternehmen viel und müssen Fehlschläge einkalkulieren. Denn die meisten Entwicklungen bleiben in der aufwändigen Erprobungsphase stecken.

 

Erhält ein Medikament jedoch die Zulassung und bedeutet für die Behandlung einer Krankheit einen durchschlagenden Fortschritt, profitieren alle Seiten: Patienten und Ärzte durch bessere Behandlungsmöglichkeiten, der Hersteller durch hohe Verschreibungszahlen und Gewinne, die die Investitionen wieder einspielen. Letzteres funktioniert so lange, bis weitere, wirkungsähnliche oder bessere Präparate auf den Markt kommen.

Follow-on-Arzneien folgen in immer kürzeren Abständen

Der amerikanische Gesundheitsökonom Joe DiMasi zeigt in seinem Aufsatz „Competitiveness in follow-on drug R&D: a race or imitation?“, dass nach Durchbruchsarzneien in immer kürzeren Abständen sogenannte Follow-on-Arzneien zugelassen werden. Dabei hat sich das Tempo in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich erhöht. „Die Zeitspanne der Marktexklusivität für die Durchbruchsarznei ist seit den 70er Jahren substanziell gefallen von durchschnittlich knapp zehn auf 1,7 Jahre in den späten 90ern“, erklärt der Gesundheitsökonom. Im zuletzt untersuchtem Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2003 betrug die durchschnittliche Spanne 3,1 Jahre.

DiMasi betont, dass es sich bei den Follow-on-Arzneien zum größten Teil nicht um Nachahmungen handelte, sondern um Parallelentwicklungen. Er belegt dies unter anderem mit der Entwicklungsdauer. Denn ein Unternehmen kann schwerlich einen Durchbruch abwarten, um dann innerhalb kurzer Zeit ein ähnliches Präparat zu entwickeln. „Ein Großteil der Entwicklung dieser Arzneien musste passieren, bevor der Durchbruch als erwiesen galt“, sagt DiMasi.

Steigende Risiken für Pharmaunternehmen

Rund ein Drittel der Follow-ons erhalten bei der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA ein beschleunigtes Verfahren. Das zeigt, dass diese Medikamente einen hohen Nutzen besitzen und sogar besser sein können als die erste Arznei einer neuen Therapieklasse. Insgesamt entpuppt sich die Entwicklung neuer Arzneien so eher als Rennen. Forschungsfortschritte erfolgen immer schneller, teilweise parallel. Laut DiMasi ist das unter anderem der modernen Biomedizin zu verdanken.

Aus unternehmerischer Sicht bedeutet diese Entwicklung ein steigendes Risiko bei der aufwändigen und teuren Forschung nach neuen Medikamenten. Dass innerhalb kurzer Zeit ähnlich wirkende Präparate zugelassen werden – damit müssen Pharmaunternehmen mittlerweile immer rechnen. Für die Patienten kann sich dieses Wettrennen nur positiv auswirken. Die Arzneivielfalt bietet ihnen mehr Optionen.  Denn nicht jeder Patient spricht auf jedes Medikament gleichgut an. Manchmal eignen sich die Follow-ons für sie besser. Somit füllen diese Arzneimittel therapeutische Lücken. Auch sinken durch den Wettbewerb die Preise für innovative Medikamente.

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