Pharmaverbände widersprechen Lauterbachs Argumenten

In seinem Buch „Die Krebs-Industrie“ kritisiert SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die pharmazeutische Industrie teilweise harsch. Die beiden Branchenverbände, der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) und der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI), widersprechen den Schilderungen und Prognosen des Politikers. Sie heben hervor, wie sehr eine neue Medikamentenklasse den Patienten nützt und wie wichtig die weitere Erforschung ist.

„In der Krebstherapie stehen wir mitten in einer Therapierevolution“, erklärte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer in einer Pressemitteilung. Aktuell gebe es keine Kostenexplosion bei Krebsmedikamenten. Moderaten Kostensteigerungen stünden gestiegener medizinischer Nutzen für Patienten und Gesellschaft gegenüber.

Neben besseren Überlebenschancen für Krebs-Patienten, so betonte die Hauptgeschäftsführerin, würden einige Krebsarten überhaupt erst vermieden. Zudem könnten mit Immunonkologika bislang schlecht behandelbare Krebsarten bekämpft werden. Forscher sehen in der Immuntherapie den möglicherweise entscheidenden Schlüssel zur effektiven Krebsbekämpfung. Prof. Dr. Dirk Jäger, Direktor Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg, erklärte jüngst im Interview mit Pharma Fakten zur Immuntherapie: „Mit der sogenannten Checkpoint-Therapie haben wir Resultate erzielt, die wir so vorher nicht kannten.“ Patienten sprächen langzeitig darauf an. „Das ist in der Onkologie neu und beeindruckend.“

Zusammenspiel zwischen Grundlagenforschung und Pharmaunternehmen

Die Diskussion um die Kosten neuer Therapien halten Fachärzte wie Prof. Dr. Dr. Otmar Wiestler, Vorstandvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), für überzogen. „Ich habe in vielen Ländern der Welt gearbeitet und nirgendwo ein Gesundheitssystem gesehen, das so leistungsfähig ist, wie das deutsche“, sagte Wiestler in einem Pharma-Fakten-Interview. Wenn es um wirkliche Innovationen geht, würden diese sicher nicht an den Kosten scheitern. Zur Grundlagenforschung meinte er: „Das Verstehen der Krankheit, ist eine akademische Domäne, das sollen die Unternehmen gar nicht zwingend leisten.“ Die Herausforderung sei, die Lücke zwischen der Grundlagenforschung und der Industrie besser zu schließen.

Für eine engere Vernetzung und effiziente Nutzung der Ressourcen gibt es in Deutschland einige Beispiele: etwa am Centrum für Integrierte Onkologie Köln-Bonn (CIO). Prof. Dr. Jürgen Wolf und sein Team typisieren jährlich bis zu 5000 Lungenkrebspatienten. Das Bemühen für sie hochkarätige klinische Studien der Phase I zu gewinnen, hat Früchte getragen. Mittlerweile arbeitet das Institut mit zahlreichen großen Pharmaunternehmen zusammen. Aber auch hier gibt es Grenzen. Die Rolle der Industrie könnten Forschungseinrichtungen jedoch nie einnehmen. „Das teure ist nicht die Grundlagenforschung“, erklärte Prof. Wolf, „sondern die Medikamentenentwicklung, zu der Toxizitätsanalysen, Reinheitsprüfungen und vieles mehr gehören. Das können universitäre Einrichtungen nicht leisten, das müssen Unternehmen machen.“

Schritt für Schritt Heilung von Krebs erreichen

Auch der BPI wies Lauterbachs Argumente zurück. „Gerade die Pharmaindustrie macht es möglich, dass man viele Krebsarten heute viel besser behandeln kann“, erklärte Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer, in einer Pressemitteilung. Dank der Behandlungserfolge sei die Krebssterblichkeit bei immer mehr Krebsarten rückläufig. Die stetige Verlängerung der Überlebenszeit sei ein wichtiges Ergebnis auf dem langen Weg, Schritt für Schritt die Heilung von Krebs zu erreichen.

Die Bemühungen der forschenden Arzneimittelhersteller sind aufwändig. Bei jedem dritten Wirkstoffkandidaten in den Forschungspipelines der Unternehmen handelt es sich um ein potenzielles Präparat gegen Tumoren. Arzneimittelhersteller tragen dabei ein großes Risiko: Nach aktuellen Daten wird aus nur jedem zehnten Wirkstoff letztlich ein zugelassenes Arzneimittel. Fortschritte sind also bereits da. Dass es Schritt für Schritt weitergeht, dürfte im Interesse einer Gesellschaft stehen, in der nach Lauterbach immer mehr Menschen an Krebs erkranken werden.

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