Grippeviren sind kleine stachelige Eiweißkugeln, gefüllt mit Erbgut. Sie brauchen einen Wirt (Mensch, Tier oder Pflanze), um sich zu vermehren. Dazu entern sie Zellen des Wirts, zwingen diese ihr Erbgut zu replizieren und es zu neuen Viren zusammenzusetzen. Im Gegensatz zu anderen Viren wie Windpocken oder Masern verändern sich Influenza-Erreger ständig. Diese Wandlungsfähigkeit führt dazu, dass in jeder Saison andere Grippeviren für zahlreiche Krankheitsfälle verantwortlich sind.
Eine Grippe ist keine Erkältung, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung. Für die Saison 2012/2013 geht das Robert-Koch-Institut von mehr als 20.000 Grippetoten in Deutschland aus. Vor allem für Menschen über 60 Jahren, Schwangere, medizinisches Personal und chronisch Kranke ist daher eine jährliche Impfung empfehlenswert.
WHO legt Zusammensetzung des Grippeimpfstoffes fest
Wie der jeweilige Impfstoff für die kommende Saison aussehen muss, legt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fest. Weltweit beobachten Virologen die Entwicklung der Influenza-Viren. Zwei Mal jährlich spricht die WHO eine Empfehlung aus, gegen welche vier Virenstämme der saisonale Impfstoff wirken sollte. Für die Impfstoffhersteller bedeutet dies den Startschuss für die Produktion. Dafür sind sogenannte Saatviren nötig, die zumeist mit Hilfe von Hühnereiern vermehrt werden. In einigen Fällen müssen die Viren dazu vorab genetisch verändert werden, um ihre Anzahl optimal zu erhöhen. Die Eier werden mehrere Tage bebrütet. Dadurch vervielfachen sich die Erreger stark. Die Viren werden danach aus den Eiern entnommen, in einer komplexen Prozedur gereinigt sowie inaktiviert. Die meisten Influenza-Impfstoffe sind sogenannte Totimpfstoffe.
Diese Schritte müssen für jeden der vier von der WHO empfohlenen Virenstämme separat durchgeführt werden. In der finalen Injektionslösung werden die unterschiedlichen Stämme letztlich zusammengemischt. Dieser aufwändige Herstellungsprozess dauert bis zu sechs Monate.
Virenstämme verändern sich manchmal unerwartet
Während in weiten Teilen der Welt ein Grippeimpfstoff gegen vier unterschiedliche Virenstämme verwendet wird (tetravalenter Impfstoff), schützen die in Deutschland verabreichten Injektionen meist vor den drei gefährlichsten Stämmen. Gegen die von der WHO vorausgesagten Viren sind die Vakzine hochwirksam, können jedoch nie einen einhundertprozentigen Schutz bieten. Und manchmal werden die WHO-Wissenschaftler und Impfstoffhersteller von den wandlungsfähigen Viren überrascht. In der vergangenen Grippesaison 2014/2015 hatte sich beispielsweise ein Virenstamm derartig unerwartet verändert, dass die letztjährige Grippeimpfung hauptsächlich gegen zwei Stämme wirksam war. Das ist zwar nicht die Regel, aber möglich.
Der Großteil des jährlichen Impfstoffbedarfs wird durch das Verfahren mit Hühnereiern gedeckt. Dabei gilt: Pro Impfstoffdosis wird ein Ei benötigt. Im Falle einer weltweiten Pandemie könnte die aktuelle Praxis jedoch die Versorgung mit Vakzinen gefährden. Eier kämen für die weltweite Impfstoffproduktion nicht infrage. Einige Hersteller sind bereits dazu übergegangen Zellkulturen, zum Beispiel aus Hundenieren zu verwenden. Die zellulare Produktion stellt eine Alternative dar. Forscher des Max-Planck-Instituts arbeiten aktuell mit Hochdruck an einer vollautomatischen Produktion in Zellkulturen, die im Pandemiefall eine schnellere Lieferung von Impfstoffen in großen Mengen ermöglichen soll. Bis diese Methode ausgereift ist, bleibt die jährliche Grippeschutzimpfung aus dem Ei die bestmögliche Lösung, um sich gegen das gefährliche Influenza-Virus zu schützen.