Zu wenige Patienten mit Vorhofflimmern erhalten Gerinnungshemmer

Mit gerinnungshemmenden Medikamenten ist eine Prävention gegen Schlaganfälle bei Vorhofflimmern gut möglich. Offensichtlich gibt es jedoch Unsicherheiten sowohl auf Patienten- als auch auf Ärzteseite bei der Verwendung von den sogenannten oralen Antikoagulantien (OAK). Dies geht aus dem neuen „Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“ hervor, das das IGES-Institut herausgegeben hat.

Nach Angaben des IGES-Instituts sind die oralen Antikoagulantien das Mittel der Wahl, um Schlaganfälle durch Vorhofflimmern medikamentös zu verhindern. „Es besteht jedoch bei der Identifikation betroffener Patienten und bei der Einnahmetreue geeigneter Medikamente Verbesserungsbedarf“, erklärte Hans-Holger Bleß, beim IGES-Institut Leiter des Bereichs Versorgungsforschung, in einer Pressemitteilung. Das Institut stellte am Montag das „Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“ in Berlin vor.

„Irrtümlicherweise wird die Angst vor Blutungen unter Blutgerinnungshemmern als viel bedrohlicher erlebt als das Risiko, einen lebensgefährlichen und oft folgenreichen Schlaganfall zu erleiden“, sagte Prof. Dr. Michael Näbauer, Oberarzt am Klinikum der Universität München. Dadurch folgten unnötige Therapieabbrüche, die den Erfolg einer Schlaganfallprävention gefährdeten.

Ärzte verordnen zu selten Gerinnungshemmer

Nach dem Bericht sind mehrere Faktoren für die eingeschränkte Verwendung der OAK verantwortlich: Für Ärzte seien Alter und Begleiterkrankungen der Patienten ausschlaggebend. Auch eine erwartete Therapieuntreue führe zu dieser ärztlichen Entscheidung. Dies hat zur Folge, dass jeder zweite Patient, der eine Behandlung mit Gerinnungshemmern haben müsste, diese nicht erhält. Dies ist sogar in der fachärztlichen Versorgung nennenswert der Fall. Die Fachärzte verschreiben zwischen 13 und 43 Prozent der vom Vorhofflimmern betroffenen Frauen und Männern die Arznei nicht. Andererseits gibt es laut dem Weißbuch Fälle, bei denen Patienten unnötigerweise ein OAK erhalten und somit einem vermeidbaren Blutungsrisiko ausgesetzt sind.

„Vor allem in der hausärztlichen Basisversorgung müssen wir mehr Handlungssicherheit und Strukturen für eine verbesserte Früherkennung des Vorhofflimmerns schaffen“, sagte Näbauer. Patienten müssten zudem sachlich und verständlich über dessen Risiken und den Nutzen einer Behandlung zum Schutz vor Schlaganfällen aufgeklärt werden. Außerdem könnten gezielte Betreuungsangebote wie ein Arzneimittelcoach die Einnahmetreue erhöhen.

Großes Risiko für Patienten mit Vorhofflimmern

Schlaganfall ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Durch den „Schlag“ entstehen bei Erwachsenen am häufigsten bleibende Behinderungen. Jährlich erleiden rund 240.000 Frauen und Männer einen Schlaganfall. Von ihnen stirbt jeder dritte. Besonders schlechte Prognosen haben Patienten mit Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung bei Erwachsenen. Nach Schätzungen sind davon 1,8 Millionen Menschen betroffen. Mit einem Anstieg der Betroffenen ist aufgrund des demografischen Wandels zu rechnen.

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