Forschungsstandort Deutschland könnte noch mehr leisten

Die Entwicklungspipelines der forschenden Pharmaunternehmen sind gut gefüllt. Bis zum Jahr 2019 könnten mehr als 300 Wirkstoffe als Medikament zugelassen werden. Das prognostiziert der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), der entsprechende Daten aus einer Befragung seiner 46 Mitgliedsunternehmen ausgewertet hat. Deutschland spiele bei der Forschung und Entwicklung neuer Präparate eine wichtige Rolle, hieß es bei der Vorstellung dieser Erhebung in Berlin. „Doch es gibt noch Potenzial zur Weiterentwicklung“, erklärte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer.

Die Entwicklung neuer Arzneimittel bei den vfa-Mitgliedern schreitet voran. Gegen 120 unterschiedliche Krankheiten sollen deren 328 Wirkstoffe in den nächsten vier Jahren eingesetzt werden. Sie stehen kurz vor der Zulassung oder befinden sich in einer späten Erprobungsphase (Klinische Studien, Phase III). Den größten Anteil daran haben Medikamente gegen Krebs mit 34 Prozent, gefolgt von Wirkstoffen gegen Entzündungskrankheiten wie Rheuma mit 18 Prozent.

15 Prozent der Neuentwicklungen richten sich gegen Infektionskrankheiten. „Bei Krebserkrankungen hat es einen rasanten Anstieg gegeben“, erklärte Siegfried Throm, vfa-Geschäftsführer für Forschung, Entwicklung und Innovationen. Geringer fällt der Anteil der Forschung für Präparate gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit 8 Prozent aus. „Weil es gut wirksame Arzneimittel gibt, ist der Bedarf nicht mehr so groß“, sagte Throm.

Forschung an Medikamenten gegen seltene Erkrankungen

Wie die Entwicklung neuer Medikamente angestoßen wird, skizzierte der vfa-Geschäftsführer. Die Entwicklung neuer Arzneien orientiert sich demnach an dem Bedarf (Medical Need) und ist zudem abhängig von neuen Erkenntnissen der Grundlagenforschung. Auch die Möglichkeit, damit weltweit Absätze zu generieren, ist ein wichtiger Faktor. Jedoch macht sich in den Forschungspipelines das Engagement der Firmen für Krankheiten deutlich bemerkbar, die nur wenige Menschen betreffen. Bei den sogenannten seltenen Erkrankungen wird an 42 Projekten (13 Prozent) geforscht.

Bei der Erforschung neuer Wirkstoffe findet auch Berücksichtigung, dass viele von ihnen auf die Bedürfnisse von Kindern zugeschnitten werden. Von den erwähnten Projekten ist fast bei der Hälfte vorgesehen, diese auch in klinischen Studien mit Mädchen und Jungen zu erproben.

Deutschland wichtiger Standort für Erprobung neuer Medikamente

Der positive Trend in Forschung und Entwicklung hat Auswirkungen für den Wissenschaftsstandort Deutschland. Wie Birgit Fischer betonte, werden die Studien häufig weltweit durchgeführt. Deutsche Kliniken und Arztpraxen sind aktuell an 83 Prozent der Arzneimittelprojekte beteiligt. „Kaum ein Medikament wird zugelassen, das nicht zuvor unter Mitwirkung deutscher Ärzte und Patienten erprobt wurde“, erklärte die vfa-Hauptgeschäftsführerin. Doch der Anteil könnte noch höher ausfallen, würde nicht der gesetzliche Rahmen hemmen.

Fischer kritisierte die zu lange Genehmigungsdauer für Arzneimittelstudien, bei denen häufiger Röntgenaufnahmen angefertigt werden müssen als bei Routineuntersuchungen. Hierfür ist eine Zusatzgenehmigung nötig. Diese erteilt momentan das Bundesamt für Strahlensicherheit. Im Schnitt dauere dies sieben Monate. Ein unkalkulierbares Dilemma für Unternehmen, die eigentlich gerne klinischen Studien in Deutschland durchführen würden. Zum Vergleich: Nach Vorgaben der EU sollten diese Genehmigungsverfahren maximal zwei Monate dauern. „Verbindlich und EU-konforme Genehmigungsfristen würden Chancen für Standort und Patienten durch bis zu 15 Prozent mehr Studien eröffnen“, betonte die vfa-Hauptgeschäftsführerin. International spiele Deutschland in Sachen Arzneimittelforschung in der ersten Liga, da die meisten Medikamente hier erprobt werden. Nur das Potenzial sei noch nicht ganz ausgeschöpft, fasste sie zusammen.

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