Wie bewerten Sie das Ranking Deutschlands im OECD-Bericht?
Maria Michalk: Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass Deutschland über eine gute Arzneimittelversorgung verfügt. Grundsätzlich gilt, dass in Deutschland alle Patientinnen und Patienten die Medikamente, die medizinisch notwendig sind, erhalten und diese von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch finanziert werden. Das gilt insbesondere auch für innovative Arzneimittel. Die tendenzielle Frage, die der Bericht unter anderem aufwirft, ist, ob zuviele Präparate in Deutschland verschrieben werden, zum Beispiel bei blutdrucksenkenden Mitteln oder auch bei Antidiabetika.
Wir leben in einer alternden Gesellschaft. Wird der demografische Faktor ausreichend berücksichtigt?
Michalk: Ob dieser Aspekt im OECD-Bericht ausreichend berücksichtigt wurde, ist eine Frage die die Wissenschaft beantworten muss. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Präventionsgesetz. Eine gesunde Ernährung, mehr Bewegung in allen Lebensabschnitten und konsequente Vorsorge werden helfen, auf den Trend zu reagieren. Es wird immer wichtiger, gesundes Verhalten und Leben zu fördern, um chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas entgegenzuwirken. „Gesund altern“ ist die langfristige Antwort auf die Herausforderungen. Jedenfalls habe ich die Wahrnehmung, dass in unserer Gesellschaft das Gesundheitsbewusstsein wächst.
Das Deutsche Gesundheitssystem gehört zu den besten weltweit. Muss das Ziel sein, ein billigeres Gesundheitssystem zu etablieren?
Michalk: Billiges ist selten gut. Unser Gesundheitssystem muss wirtschaftlich bleiben. Jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen umfassenden Zugang zu Gesundheitsleistungen, den damit verbundenen medizinischen Innovationen und medizinisch notwendigen Arzneimitteln. Daran halten wir fest. Ziel muss es sein, die Qualitätskriterien stärker zu verankern. Mehr Geld ins System zu pumpen, hat sich oftmals nicht als der richtige Ansatz erwiesen. Die Strukturen müssen stimmen, weil wir an einer flächendeckenden Versorgung festhalten.
Der Arzneimittelverbrauch verändert sich ebenfalls in der Struktur, denn wenn es weniger Kinder, aber mehr Ältere in der Gesellschaft gibt, muss sich das naturgemäß im Verbrauch widerspiegeln. Wichtig bleibt ein verantwortungsvoller Umgang mit Medikamenten. Verordnet werden soll das, was auch gebraucht und genutzt wird.