Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

HCV-Elimination ist gesundheitsökonomisch sinnvoll

Hepatitis C zu eliminieren ist medizinisch möglich, ökonomisch sinnvoll und ethisch geboten. Das hat die Deutsche Leberhilfe bei der Vorstellung einer gesundheitsökonomischen Studie in Berlin deutlich gemacht. Der „Eco-Hep-Report“ bietet erstmals eine Betrachtung der gesamtgesellschaftlichen Kosten der Infektionskrankheit und rechnet ein Eliminierungsszenario durch.

Deutschland könnte laut “Eco-Hep-Report”, der mit Unterstützung des Unternehmens GILEAD finanziert wurde, bis spätestens 2030 Hepatitis-C-frei sein. Denn die neuen Medikamente, die sogenannten Direct Acting Agents“ (DAAs), mit Heilungsraten jenseits der 90 Prozent und günstigem Nebenwirkungsprofil machen die Therapie für fast alle Patienten verfügbar. „Früher war die Angst vor der Therapie größer als die Angst vor der Krankheit,“ beschreibt der Hepatologe Prof. Thomas Berg die Entwicklung der vergangenen Jahre. „Heute ist es eine sehr einfache Therapie geworden – mit einer Tablette am Tag und über einen kurzen Zeitraum.“

Hepatitis C ist eine unterschätzte Krankheit: In Europa versterben pro Jahr ca. 57.000 Menschen als Folge ihrer HCV-Infektion – siebenmal mehr als an HIV1. Rund 100.000 Menschen sind in Deutschland HCV-positiv getestet. 50.000 Menschen leiden an schweren Folgeerkrankungen. 1.300 Menschen sterben. Pro Jahr werden hierzulande rund 25.000 Menschen mit den neuen Medikamenten behandelt. Schreibt man diese Entwicklung fort, wären die diagnostizierten Patienten in vier bis fünf Jahren austherapiert – fast alle wären geheilt. Aber die Geschichte endet hier nicht.

Eliminationshindernis Nummer 1: Die Dunkelziffer

Denn auf jeden in Deutschland klinisch bewiesenen HCV-Fall kommen rund 1,5 Infizierte, die von ihrer Krankheit nichts wissen – die Dunkelziffer ist das eigentliche Eliminationshindernis. Die Infizierten schleppen das Virus jahrzehntelang unbemerkt mit sich herum. Die Diagnose kommt dann oft erst, wenn die Krankheit schwere Verläufe annimmt. Entsprechend sind die finanziellen Folgen: Die schweren Fälle machen rund 80 Prozent der Krankheitskosten (ohne Therapiekosten) aus.

 

Deshalb setzen die Autoren der Eco-Hep-Studie auf Früherkennung. Sie fordern eine konsequente Screening-Strategie. Damit wollen sie Licht in die Dunkelziffer bringen – schließlich kann nur geheilt werden, der als Patient auch identifiziert ist. Gezielt vorgehen heißt das Gebot der Stunde, denn die Risikogruppen lassen sich relativ einfach eingrenzen: Getestet werden sollen in erster Linie medizinisches Personal, HIV-Infizierte, Drogensüchtige und Menschen, die aus sogenannten Hochprävalenzländern zu uns kommen (Länder mit hoher HCV-Rate wie z.B. Ägypten oder Russland).

Außerdem soll der Gesundheitscheck „Check-up 35“ aufgewertet werden – ein einfacher Bluttest kostet 6 Cent. Übrigens: Gerade unter dem medizinischen Personal sei die Infektionsrate mit geschätzten 5 Prozent besonders hoch, berichtete Achim Kautz, Geschäftsführer der Leberhilfe Projekt. Für ganz Deutschland geht das Robert-Koch-Institut dagegen von rund 0,3 Prozent der Bevölkerung aus, die das HC-Virus in sich tragen.

Kosten von HCV-Screening und Behandlung

Zwei spannende Fragen bleiben, auf die der Eco-Hep-Report Antwort geben will: Was bringt konsequentes Screening und Behandlung? Und was kostet es? Dazu haben die Autoren des Modells zwei Szenarien entwickelt. Im Base-Case-Modell gehen sie davon aus, dass die Versorgungssituation in Deutschland auf dem Stand von 2015 fortgeschrieben wird – es ist ein „Weiter-so-wie-bisher-Szenario“.

Dem wird das „Eliminationsszenario“ gegenübergestellt. Es unterstellt neben der gleichbleibenden jährlichen Behandlungsrate von 25.000 HCV-Infizierten gezielte sowie konsequente Screening- und Präventionsmaßnahmen und rechnet die Gesamtkosten durch. Dabei wurden neben den Therapie- und anderen Gesundheitskosten auch Ausgaben für das Management der Krankheit (z.B. Lebertransplantationen), indirekte Kosten (Presentismus, Absentismus) sowie soziale Kosten (z.B. Erwerbsminderungsrente, Lohnfortzahlungen, Steuerverluste oder Reha-Leistungen) hinzugezogen. Unterstellt wurde auch, dass sich die reinen Arzneimittelkosten in den kommenden Jahren um 30 Prozent verringern.

98 Prozent weniger Infizierte in zehn Jahren

Die Modellrechnung zeigt: Von den rund 250.000 HCV-Infizierten in Deutschland würden bei konsequenter Umsetzung von Früherkennung und Behandlung im Jahr 2025 noch 5.500 Infizierte bleiben – eine Reduktion von rund 98 Prozent im Laufe des kommenden Jahrzehnts. 2040 wären sogar nur noch 834 Menschen HCV-positiv. Bleibt aber alles so wie bisher (Base Case), leben 2040 in Deutschland hingegen noch über 60.000 Menschen mit dem HC-Virus.

Ein konsequentes HCV-Screening ergebe auch ökonomisch Sinn, erklärte der Mediziner, Gesundheitsökonom und Mitautor Prof. Siegbert Rossol: „Wir stehen an einem Scheideweg. Die Therapien können jetzt kaum noch besser werden.“ Deshalb plädiert er für ein frühzeitiges und radikales Vorgehen. Dazu müssten in den kommenden Jahren die heutige Zahl der neu begonnenen Therapien beibehalten und massiv in Früherkennung investiert werden. Das generiere zunächst Mehrkosten, die sich später aber amortisierten.

13 Milliarden Euro wird Deutschland die Hepatitis C in den kommenden 25 Jahren kosten, wenn mit der Krankheit so umgegangen wird wie bisher. Es ist eine eher vorsichtige, konservative Rechnung, denn nicht alle Faktoren der sozialen Kosten konnten berücksichtigt werden. Eine Eliminierungsstrategie kostet laut Eco-Hep-Report eine Milliarde Euro mehr. Allerdings: Die Krankheit ist dann weitgehend ausgerottet; die Kosten gehen danach gegen Null. Im Base-Case-Szenario hingegen laufen sie weiter. Fazit von Prof. Rossol: „Mit dem Eco-Hep Report haben wir einen eindrucksvollen Beleg an die Hand bekommen, dass die Elimination der Hepatitis C auch unter ökonomischem Gesichtspunkt geradezu gefordert werden muss.“

1 Zahlen aus dem Jahr 2010

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