Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

Viele MS-Patienten haben bei Versorgung das Nachsehen

Gerade in der Planung von Behandlungen sowie in der Therapie der Symptome von Multipler Sklerose (MS) gibt es noch viele Schwachstellen. Zu diesem Schluss kommt das Weißbuch „Multiple Sklerose – Versorgungssituation in Deutschland“, das Wissenschaftler des IGES Instituts zusammen mit medizinischen Experten veröffentlicht haben. Sie fordern mehr strukturierte Versorgungskonzepte und eine bessere Vernetzung.

„Die wissenschaftlichen Erfolge haben die MS zu einer beherrschbaren Krankheit gemacht, auch wenn sie weiterhin unheilbar ist“, sagte Prof. Judith Haas, Ärztliche Leiterin des Zentrums für Multiple Sklerose am Jüdischen Krankenhaus, bei einer Pressekonferenz des IGES Instituts. Die Vorsitzende der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) warnte jedoch davor, dass strukturelle Defizite in der Versorgung diese Erfolge ausbremsen.

Ziel aktueller Therapien ist es, die Krankheitsaktivität, also den Fortschritt der Behinderung und weiterer Schübe, zu verhindern. Ein früher Therapiebeginn kann daher entscheidend sein. Allerdings erhält nur gut jeder zweite Patient mit Erstdiagnose im gleichen Jahr eine verlaufsmodfizierende Therapie. Die Versorgung ist regional unterschiedlich.

Fünf neue Medikamente seit 2011

MS-Patienten stehen immer mehr Arzneimittel zur Verfügung. Seit 2011 bieten fünf neue Medikamente Patienten entsprechende Therapieoptionen. „Der Verbrauch neuer MS-Medikamente hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen“, sagt Hans-Holger Bleß, Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES Institut. Das deute auf eine gute Verfügbarkeit der therapeutischen Optionen hin. Allerdings gebe es Studien, die zeigen, dass noch mehr Patienten von Therapieoptionen, die Schübe und eine fortschreitende Behinderung verhindern, profitieren könnten.

Ein Problem stellen Therapieabbrüche dar. Die Medikamente greifen in das Immunsystem ein und müssen oft lebenslang eingenommen werden. Studien zufolge nimmt allerdings nur jeder Dritte MS-Patient über einen Zeitraum von zwei Jahren diese Arzneimittel kontinuierlich ein. Als Gründe für Abbrüche führen Patienten unter anderem Depressionen oder die sehr häufig auftretende Fatigue – ein Gefühl starker geistiger und körperlicher Erschöpfung – an. „Neuropsychologische Symptome und Fatigue gelten immer mehr als Schlüssel im Umgang mit der Multiplen Sklerose, für die wir dringend Standards in Diagnostik und Therapie im Versorgungsalltag und mehr Behandlungsangebote benötigen“, sagt der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN), Dr. Uwe Meier. Das Weißbuch, das mit finanzieller Unterstützung vom Pharmaunternehmen Novartis entstand, sieht gerade hier große Defizite. Aktuellen Statistiken zufolge sind in Deutschland knapp 300 Neuropsychologen tätig, somit würden rund 650 MS-Patienten auf einen von ihnen kommen. Laut Auswertungen der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) erfolgte zwischen 2005 und 2006 bei rund 80 Prozent der MS-Patienten mit Gedächtnis- beziehungsweise Konzentrationsstörungen oder Fatigue keine Therapie.

Hohe Behandlungskosten für Multiple Sklerose

Rund 200.000 Menschen leiden in Deutschland an Multipler Sklerose. Die Krankheit schädigt die Nervenfasern und trifft vor allem Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Die genauen Ursachen sind noch immer nicht vollständig geklärt. Bei mehr als 85 Prozent der Patienten verläuft die Erkrankung in Schüben. Die direkten Behandlungskosten belaufen sich durchschnittlich auf jährlich rund 22.000 Euro pro Patient. Die direkten und indirekten Kosten der mit der MS assoziierten Schübe betragen rund 3.000 Euro pro Schub. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf und zunehmender Behinderung spielen immer mehr Folgekosten etwa durch Arbeitsunfähigkeit eine Rolle „Die Behandlung der MS erfordert aufgrund ihrer vielen Gesichter Ärzte und Heilberufler verschiedener Disziplinen. Hier benötigen wir dringend besser vernetzte sowie patienten- und teilhabeorientiertere Versorgungsangebote“, sagt Meier.

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: