Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

AMNOG-Reform – Erstattungspreise sollen vertraulich bleiben

Unter großer Aufmerksamkeit hat Bundesgesundheitsminister Gröhe unter anderem mit Vertretern der Pharmaverbände vfa und BPI den Zwischenbericht zum Pharmadialog am Dienstag in Berlin vorgestellt. Laut einer Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums soll das AMNOG überarbeitet werden. Die Reform sieht unter anderem eine Umsatzschwelle für neue Medikamente vor, die besonders erfolgreich verkauft werden.

Die Dialogpartner werten das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) als ein „Qualitätsmerkmal“ für den Standort Deutschland. Es soll daher weiterentwickelt werden, um vor allem den schnellen Zugang zu Medikamenten weiter zu gewährleisten. Hierzu soll eine Umsatzschwelle eingeführt werden. Wird diese überschritten, gilt der Erstattungsbetrag bereits vor Ablauf der Jahresfrist. Zur Grenze sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe laut dem Twitter-Account des Ministeriums: „Eine halbe Milliarde Euro Umsatz ist zu hoch.“

Die Verbände werten den Bericht der Bundesregierung als „das erste Ergebnis des Pharmadialogs“, der Handlungsfelder über Ressortgrenzen hinweg benenne. Mit „Die Arbeit beginnt jetzt“ haben sie eine gemeinsame Pressemitteilung überschrieben. Kontroverse Themen seien demnach nach wie vor die Nachjustierung der frühen Nutzenbewertung und der Erstattungsbetragsverhandlungen sowie eine rückwirkende Preisfestsetzung für Innovationen. Auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung bekannter Wirkstoffe und die Frage, wie eine stärkere Orientierung von Generika-Ausschreibungen an der Versorgungssicherheit erreicht werden könne, müssten weiter diskutiert werden.

Der Forderung der Arzneimittelhersteller nach einem Stillschweigen über die ausgehandelten Erstattungspreise wurde beim Pharmadialog Rechnung getragen. Der in Deutschland zwischen den Kassen und Pharmaunternehmen ausgehandelte Preis gilt in vielen weiteren Ländern als Referenz. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht dadurch ein mögliches Hemmnis bei den Abschlägen für Medikamente. Aus diesem Grund hatten auch mehrere gesetzliche Krankenkassen eine Geheimhaltung begrüßt. Dies soll nun umgesetzt werden. Laut BMG sollen Informationen „zukünftig ausschließlich denjenigen Institutionen des deutschen Gesundheitswesens zur Verfügung gestellt werden, die ihn zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen“. Die Rabattverträge zwischen den Krankenkassen und den Pharmaunternehmen sollen künftig so ausgestaltet werden, dass den Unternehmern möglichst sechs Monate zur Umsetzung verbleiben.

Weitere Maßnahmen im Rahmen des Pharmadialogs

  • Das Strahlenschutzgesetz soll überarbeitet werden. Dadurch soll das Genehmigungsverfahren bei klinischen Prüfungen verkürzt werden, in denen radioaktive Stoffe oder Strahlungen zum Einsatz kommen. Dazu wird es einen Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Forschung und Bildung „Klinische Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung“ geben. Der Referentenentwurf des Strahlenschutzgesetzes soll im laufenden Jahr vorgelegt werden.
  • Um Lieferengpässen von Arzneimitteln entgegenzuwirken, wird eine Liste mit besonders  betroffenen Arzneimitteln erarbeitet. Bundesoberbehörden und Fachkreise sollen künftig die Versorgungslage beobachten, bewerten und so mehr Transparenz bei der Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen schaffen.
  • Die Zahl der für Kinder geeigneten Arzneimittel soll erhöht werden, um die Arzneimittelversorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Dazu sollen die Besonderheiten von Kinder-Arzneimitteln bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln noch besser berücksichtigt werden.
  • Der Schutz vor Arzneimittelfälschungen wird verstärkt. Dazu sollen in Zukunft die zuständigen Landes- und Bundesbehörden schon bei Verdacht auf Fälschungen die Vermarktung des Arzneimittels untersagen können, ihren Rückruf oder ihre Sicherstellung anordnen dürfen. Die pharmazeutische Industrie wird zudem das Sicherheitssystem „securPharm“ ausbauen, um die zukünftig nach europäischen Vorgaben geforderte Echtheitsprüfung von Arzneimitteln zu ermöglichen.
  • Das BMG will bei Personalisierter Medizin künftig die Regelungen zur Erstattung von diagnostischen Verfahren verbessern. Damit wird bei einem Patienten vor Einsatz eines Arzneimittels oder einer Therapie zunächst eine spezielle begleitende Diagnostik durchgeführt, um die Wirksamkeit des Arzneimittels sicherzustellen.
  • Auch Biosimilars standen auf der Agenda. Ärzte sollen Informationen über besonders kostengünstige Biosimilar-Produkte, also Nachfolgeprodukte von biopharmazeutisch hergestellten Original-Arzneimitteln, erhalten. Die Dialogpartner wollen prüfen, wie Biosimilars schneller in die Versorgung gebracht werden können.

Unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums haben sich die Dialogpartner des Pharmadialogs in den vergangenen eineinhalb Jahren mit den Herausforderungen der pharmazeutischen Industrie in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion und Versorgung beschäftigt. Gröhe betonte bei der Vorlage des lang erwarteten Papiers, es sei „gut, dass sich die pharmazeutische Industrie für die Entwicklung neuer Antibiotika und eine bessere Versorgung mit Kinderarzneimitteln stark” mache. Gröhe versprach hier zugleich „eine enge Zusammenarbeit der forschenden Unternehmen, der Wissenschaft und der Politik“.

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