Wie bewerten Sie das neue Antikorruptionsgesetz?
Dr. Theodor Windhorst: Ich bin froh, dass es in dieser Weise verabschiedet wurde und nach vier Jahren endlich vom Tisch ist. Es ist gut, dass die berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit herausgenommen wurden. Denn das wurde in den einzelnen Bundesländern bisher unterschiedlich geregelt. Ich sehe das Antikorruptionsgesetz als Stärkung der Heilberufsgesetze und der Funktion der Ärztekammern. Es war vor der Verabschiedung die Rede davon, dass das Gesetz abschreckend wirken muss. Ich finde, das muss es nicht, wenn am Ende eine klare Zielsetzung steht.
Sie hatten im Vorfeld „viele Unschärfen“ im Gesetz ausgemacht. Sind Sie mit der Auslegung zufrieden? Wo wären Ihrer Ansicht nach noch Nachbesserungen nötig?
Dr. Windhorst: Mit der Auslegung kann ich sehr gut leben. Nicht nur wegen der Herausnahme der berufsrechtlichen Pflichten. Es ist es vor allem wichtig, dass Bestechlichkeit nun ein Offizialdelikt ist. Vorher konnte man in diesen Fällen nur mittels Strafantrag vorgehen. Jetzt muss die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall Ermittlungen aufnehmen.
Wie wirkt sich das Gesetz auf den Austausch zwischen Ärzten und Pharmaunternehmen aus?
Dr. Windhorst: Der Austausch ist weiterhin sehr wichtig. Es gibt ja seitens der Pharmaindustrie eine parallel laufende Initiative des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA). Die hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Zusammenarbeit zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten über einen Kodex transparenter zu machen. Aus unserer Sicht geht es ja darum, dass Ärzte und Patienten sich gegenseitig vertrauen müssen. Daher ist es gut, dass es jetzt harte Leitplanken durch die Strafgesetzgebung gibt. Ich bin grundsätzlich gegen alle krummen Geschäfte, die nur auf Kosten der Patienten gehen. Dem wird nun durch die klaren Regelungen, die die Ärzteschaft miteinschließt, Einhalt geboten.
Die Anwendungsbeobachtungen waren zuletzt ein vieldiskutiertes Thema. Wie wichtig sind sie für Patienten?
Dr. Windhorst: Ich persönlich halte Anwendungsbeobachtungen dann für überflüssig, wenn sie keine neuen wissenschaftlichen Daten liefern. Sie sind meiner Ansicht nach nur nützlich, wenn sie neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen dienen. Dann muss aber das Offenlegungsprinzip gelten. Es muss dann klar sein, was der Arzt im System geleistet hat und welche Zuwendungen er dafür erhalten hat. Es geht am Ende darum, dass alle diejenigen, die ihre Daten nicht offenlegen, keine Chance haben, am Ende in irgendeiner Form einen Vorteil daraus ziehen können.
Foto: AEKWL