2013 beschlossen – 2016 umgesetzt: Mit der Einführung des „FSA-Kodex zur Transparenz bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen der Fachkreise“ gehen die im Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“ organisierten Unternehmen den 2009 eingeschlagenen Weg weiter. Nach der Veröffentlichung aller Zuwendungen an Patientenorganisationen (seit 2009) werden nun die Leistungen veröffentlicht, die an sogenannten Health Care Professionals (HCPs; z.B. Ärzte) oder an Health Care Organizations (HCOs; z.B. Kliniken oder Fachgesellschaften) gehen. Ob Vergütungen für die Durchführung von klinischen Studien und Anwendungsbeobachtungen, ob Vortragshonorare und Einladungen zu Fortbildungen, ob Sponsoring von Veranstaltungen, Spenden und Stiftungen an Kliniken und Universitäten – all dies ist künftig auf den Internetseiten der Unternehmen einsehbar. Bis zum 30. Juni haben sich die Unternehmen verpflichtet, die Daten aus dem Jahr 2015 auf ihren Internetseiten zur Verfügung zu stellen.
Arzneimittel sind wissensbasierte Produkte
Transparenz ist längst kein Modewort mehr – die gesellschaftlichen Anforderungen haben sich geändert und in der Wirtschaft gilt Transparenz mittlerweile als Erfolgsfaktor. Die Gesellschaft will immer mehr nachvollziehen, wie Meinungsbildungsprozesse entstehen – das zeigt sich aktuell sehr deutlich an den Diskussionen über Freihandelsabkommen wie TTIP und Ceta. Das Ausverhandeln von Verträgen hinter verschlossenen Türen – eigentlich ein ganz normaler Vorgang – löst heute erbitterte Debatten aus. Trotzdem: Kein Industriezweig geht so weit wie die forschende Pharmaindustrie. Da stellt sich die Frage: Warum?
Die pharmazeutischen Unternehmen haben schon immer einen engen Kontakt zu Ärzten, Wissenschaftlern, Apothekern und anderen im medizinisch-wissenschaftlichen Bereich tätigen Menschen gepflegt. Für die Industrie ist das wichtig – und vor allem ohne Alternative. Denn wie will man Arzneimittel entwickeln, wenn man nicht mit denen zusammenarbeitet, die täglich als Heilberufler oder Wissenschaftler tätig sind? „Arzneimittel sind wissensbasierte Produkte“, sagt vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. „Je besser der Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Ärzten und forschender Industrie gelingt, desto besser werden die Therapiemöglichkeiten für Patienten.“
Deutschland Europameister bei klinischen Studien
Auf der anderen Seite muss man sehen: Diese Zusammenarbeit wird kritisch beäugt. Misstrauen herrscht darüber, wie diese Zusammenarbeit aussieht und in welcher Größenordnung sie stattfindet. Deshalb entschied man sich, in die Offensive zu gehen. Für FSA-Geschäftsführer Holger Diener ist das ein unverzichtbarer Beitrag zur Versachlichung der Debatte, wie er im Pharma-Fakten-Interview erklärte: „Erst die Offenlegung dieser Daten ermöglicht eine Sachdiskussion. Sie hilft dabei, Fehlinterpretationen und Misstrauen zu vermeiden und Vertrauen zu schaffen. […] Nur mit Hilfe der Offenlegung lässt sich zeigen, dass die Zahlungen angemessen sind. Dafür steht die Transparenz“, erklärt dazu Holger Diener.
Dass die Zusammenarbeit in Deutschland besonders ausgeprägt ist, ist leicht zu erklären. Kein Land Europas führt mehr klinische Studien durch – und weltweit wird nur in den USA mehr klinische Forschung betrieben. 599 Studien hat der vfa für 2015 gezählt – sie sind Ausdruck einer lebendigen Innovationskultur. Klinische Studien sind nicht nur Voraussetzung für medizinischen Fortschritt, sie ermöglichen Patienten die Chance auf Therapiealternativen, für die bisher entweder keine, oder aber verbesserungswürdige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Viele Studien heißt: Es findet ein reger Austausch mit der Wissenschaft statt, denn Pharmaunternehmen führen die Programme nicht selbst durch. Das tun unabhängige Kliniken, Ärzte, klinische Zentren. Viele Studien heißt auch: Deutschlands klinische Zentren sind bei der Entwicklung von neuen Behandlungsstandards ganz vorne mit dabei.
FSA: Freiwillige Selbstkontrolle
Kontrolliert wird die Einhaltung des Kodex durch den FSA selbst. Dafür hat der Verein eine Schiedsstelle eingerichtet. Erhärten sich entsprechende Verdachtsfälle – wenn z.B. ein Unternehmen nicht umfassend meldet – drohen Geldstrafen bis zu 400.000 Euro. Der FSA-Kodex ist Teil einer europäischen Lösung. Beschlossen wurde die Initiative vom europäischen Dachverband der forschenden Pharmaunternehmen (EFPIA). Dieser Kodex wird in 33 Ländern umgesetzt.
Den FSA gibt es seit 2004. Der Verein überwacht nach dem System der freiwilligen Selbstkontrolle die Zusammenarbeit von pharmazeutischen Unternehmen mit Ärzten und weiteren Angehörigen der medizinischen Fachkreise. Seit 2009 legen die forschenden Pharma-Unternehmen jährlich offen, welche Patientenorganisationen unterstützt wurden und in welcher Größenordnung.