Erstmals haben die Mitgliedsunternehmen des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) und des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA) die Leistungen veröffentlicht, die im vergangenen Jahr an Ärzte, andere Fachkreise und Organisationen im Gesundheitswesens geflossen sind. Dies ist Teil einer erweiterten Transparenzinitiative. Die Zahlen stammen von 45 forschenden Unternehmen, die zusammen ungefähr 75 Prozent des deutschen Marktes für verschreibungspflichte Medikamente ausmachen. Sie werden unternehmensbezogen auf den Webseiten der Firmen veröffentlicht. Dazu haben die Firmen bis zum 30. Juni Zeit.
Zwei Drittel dieser Summe (64 Prozent oder 366 Millionen Euro) wurden direkt in Forschungsprojekte investiert. Dies sind z.B. Klinische oder auch nicht-interventionelle Studien (sog. Anwendungsbeobachtungen). „Bis Ende 2019 können gegen mehr als 120 Krankheiten neue Medikamente herauskommen“, erklärte Birgit Fischer vom vfa auf einer Pressekonferenz in Berlin. Dieses „Entwicklungsprogramm für den therapeutischen Fortschritt“ könne aber nur Fahrt aufnehmen, wenn die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Wissenschaftlern auf der einen und der Industrie auf der anderen Seite gut funktioniere. „Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit wollen wir besser erklären.“ In keinem europäischen Land werden mehr klinische Studien durchgeführt; weltweit liegt Deutschland hinter den USA auf Platz zwei: „Dies ist eine Investition in die Qualität des deutschen Gesundheitswesens“, so Fischer.
Jeder fünfte Euro in den Transfer von Wissen
Jeder fünfte Euro der Gesamtsumme (21 Prozent oder 119 Mio. Euro) ging direkt an Ärzte oder andere Angehörige medizinischer Fachkreise. Diese Summe wurde gezahlt für Fortbildungen oder Vortragshonorare. Weitere 90 Millionen Euro flossen an medizinische Einrichtungen für die Unterstützung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen oder waren Spenden. „Fakt ist: Arzneimittel sind wissensbasierte Produkte. Je besser der Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Ärzten und forschender Industrie gelingt, desto besser werden die Therapiemöglichkeiten für Patienten“, sagte Fischer. Deshalb sei auch der Wissenstransfer entscheidend.
Holger Diener vom FSA betonte noch einmal, wie wichtig Vertrauen gerade im Gesundheitswesens sei: „Die industrielle Gesundheitswirtschaft ist eine besondere Industrie. Gesundheit ist kein Produkt. Patienten sind keine Kunden. Ärzte keine Dienstleister. Mehr als in jedem anderen Berufsstand ist in den Heilberufen Vertrauen Grundlage der Arbeit. Vertrauen ist Voraussetzung für die Beziehung zwischen Arzt und Patient.“ Viel schädlicher aber sei es, auf die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Gesundheitswirtschaft zu verzichten. Deshalb sei diese Transparenz so wichtig.
Der Kodex sieht vor, dass die Leistungen an Ärzte und andere Leistungserbringer personenbezogen veröffentlicht werden. Dies ist jedoch abhängig davon, ob eine Zustimmung vorliegt. Nach Schätzungen von Diener ist das ungefähr bei jedem dritten Arzt der Fall. Eine gute Zahl, wie Birgit Fischer findet, denn: „Das ist ein Prozess, der sich erst etablieren muss“. Der erweiterte Kodex sei der Beginn einer neuen Entwicklung, der eine neue Kultur der Transparenz schaffen werde.