Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

Pharmagesetz – Reform der kleinen Schritte

Die Ergebnisse des Pharma-Dialogs sollen sich noch vor der Bundestagwahl in neuen Regelungen widerspiegeln. Dazu hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein Eckpunktepapier vorgelegt.

Auf sechs Seiten umreißt das BMG, was in neue Gesetzesregelungen gegossen werden soll. Dort, wo es allerdings spannend werden könnte, fehlt es in dem Papier noch an Konkretem: Die Umsatzschwelle, mit der der Gesetzgeber das erste Jahr der freien Preisbildung finanziell eindämmen will, ist nicht beziffert. Die Preisbremse, so hatte es im April geheißen, solle über 100, aber deutlich unter 500 Millionen Euro Umsatz pro Präparat liegen.

Preismoratorium als Dauerinstitution?

Ungleich deutlicher fällt im BMG-Papier die Aussage zum Preismoratorium bei erstattungsfähigen Arzneimitteln aus. Dieses Instrument, 2010 das erste Mal als Maßnahme auf Zeit eingeführt, wurde schon einmal verlängert (2014), und soll nun auch über 2017 hinweg bis 2022 fortschrieben werden. Für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie ist das „gesetzlich angeordnete Planwirtschaft“, die gerade mittelständische Betriebe gefährde. Die „faktische Institutionalisierung dieser Zwangsmaßnahme“ mache vor allem angesichts der Finanzpolster von 24,5 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds und bei den Krankenkassen keinen Sinn. Immerhin: Ab 2018 soll es die Möglichkeit eines Inflationsausgleiches geben.

 

Auch zu dem Arztinformationssystem, bei dem sichergestellt werden soll, dass die Ergebnisse der Nutzenbewertung den Ärztinnen und Ärzten „schneller und besser zugänglich“ gemacht werden, enthält das Eckpunktepapier nur die Aussage, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Auftrag erhält, die AMNOG-Beschlüsse an die jeweiligen Praxisverwaltungssysteme weiterzuleiten. Bei der Konkretisierung sollen die Dialogpartner mit eingebunden werden. Das Arztinformationssystem ist ein heikles Thema, weil alle Beteiligten befürchten, dass das die jeweils andere Seite für eine interessengeleitete Information missbrauchen könnte. Wie schwer es ist, AMNOG-Beschlüsse knapp zusammen zu fassen, hatte bereits der GKV-Spitzenverband erfahren: Sein Vorschlag, ein Ampelsystem zu entwickeln, war von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) bereits wegen „Nicht-Praktizierbarkeit“ – vornehm ausgedrückt – kritisiert worden. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung lehnt die Idee ab.

Eher AMNOG 1.1 als AMNOG 2.0

Im Nachhall des Pharmadialogs soll das AMNOG überarbeitet werden. Das Eckpunktepapier bestätigt den Verdacht vieler Experten, die wie der Gesundheitsökonom Prof. Jürgen Wasem eher ein „AMNOG 1.1“, denn ein „AMNOG 2.0“ erwarten. Wasem sieht beim AMNOG strukturelle Probleme, die wie in der Diabetologie dazu führten, dass Bewertungen nicht mehr „State of the Art“ seien. Der methodische Rigorismus des IQWiG werde nur teilweise durch den G-BA kompensiert, erklärte er auf einer Veranstaltung des Pharmapolitischen Arbeitskreises Süd in Stuttgart.

Doch an solchen grundsätzlichen Fragen soll nicht gedreht werden. Die laut Eckpunktepapier wesentlichen Änderungen sollen sein:

  • Bei der Nutzenbewertung von Antibiotika soll künftig die spezielle Resistenzsituation berücksichtigt werden. Außerdem sollen Präparate, die als Reserveantibiotika entwickelt werden, künftig einen höheren Preis erzielen können. Damit will Bundesminister Hermann Gröhe die Resistenzentwicklung verzögern und die Entwicklung neuer Präparate fördern.
  • Schärfere Sanktionen will das BMG für Unternehmen umsetzen, die keine oder unvollständige Dossiers vorlegen; die Jahrestherapiekosten müssen dann unter denen der zweckmäßigen Vergleichstherapie liegen.
  • Künftig soll es die Möglichkeit geben, bei Indikationen ohne Zusatznutzen Verordnungseinschränkungen einzuführen.
  • Es soll künftig möglich sein, dass auch für Patientengruppen, die in klinischen Studien nicht oder nicht hinreichend vertreten waren, ein Zusatznutzen ausgesprochen werden kann, wenn das aufgrund eines Evidenztransfers vertretbar ist.
  • Für Medikamente aus dem so genannten Bestandsmarkt (die in der Vor-AMNOG-Ära zugelassen wurden) soll der G-BA in seltenen Einzelfällen eine Nutzenbewertung veranlassen, wenn eine Zulassung in einem deutlich abweichenden Therapiegebiet beantragt wird.
  • Außerdem soll sich der Verhandlungsspielraum bei der Vereinbarung von Erstattungsbeträgen erweitern; hier können künftig Preis-Mengen-Vereinbarungen möglich sein.

Die im Rahmen der Verfahren verhandelten Preise sollen vertraulich bleiben. Damit übernimmt das Papier eine Forderung der pharmazeutischen Hersteller, die von der Veröffentlichung negative Auswirkungen auf ihre internationale Preispolitik befürchten. Wie das im Zeitalter von „Leaks“ funktionieren soll, sagt das Papier nicht.

Das Eckpunktepapier skizziert den Rahmen für den Referentenentwurf für das Pharma-Gesetz. Bis dahin muss noch vieles konkretisiert werden. Eines ist jetzt schon klar: Die von einigen erwarteten „Geschenke für die Pharmaindustrie“ werden nicht verteilt.

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