Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

HIV/AIDS – Heilung am Horizont?

Rund 18.000 Aktivisten, Forscher und Politiker treffen in dieser Woche in Durban, Südafrika zur Welt-AIDS-Konferenz zusammen. Sie diskutieren Wege, um die Pandemie zu beenden.

Geht es nach der Organisation UNAIDS soll die Aids-Pandemie bis 2030 beendet sein. Doch der Weg dorthin ist steinig, denn die Infektionsraten sinken seit fünf Jahren nicht mehr. In manchen Regionen der Welt nehmen sie sogar stark zu.

Doch zunächst ein Blick in das halbvolle Glas: Wer vor rund zwanzig Jahren auf der Straße nach der größten gesundheitlichen Gefahr gefragt wurde, hatte nur eine Antwort: AIDS – eine Krankheit wie aus einem Horrorfilm. In vielen Ländern gab es für HIV-Infizierte Einreisebeschränkungen; die USA haben ihre erst 2008 aufgehoben. Doch die Situation damals ist mit der von heute nicht mehr zu vergleichen: Die Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie hat aus der todbringenden Krankheit eine gemacht, die eine fast normale Lebenserwartung ermöglicht. Und die diesjährige Welt-AIDS-Konferenz in Durban wird wieder über Heilungsszenarien diskutieren – die nach Ansicht fast aller Experten nur noch eine Frage der Zeit ist. Übrigens: Noch 17 Länder weltweit halten heute noch Einreisebeschränkungen für HIV-Infizierte aufrecht.

 

In der Geschichte der Aids-Bekämpfung gibt es eine Zeit vor und eine Zeit nach der Welt-AIDS-Konferenz von Vancouver. Denn dort wurde vor zwanzig Jahren – im Juli 1996 – die „hochaktive antiretrovirale Therapie“ (HAART) vorgestellt. Sie ermöglicht, dass das Virus im menschlichen Körper kontrolliert werden kann. Was damals noch mit relativ schweren Nebenwirkungen erkauft werden musste, ist heute durch die Weiterentwicklung der antiretroviralen Substanzen mit deutlich geringeren Belastungen für die Patienten möglich.

Nur eine Heilung, die gibt es bis heute nicht. Seit 35 Jahren gibt es diese Virus-Erkrankung schon. Sie kostete 35 Millionen Menschen das Leben – so viele Einwohner wie Kanada – und allein 2015 waren es 1,1 Millionen.

UNAIDS-Ziel: 90 – 90 – 90

Mit ihrem Ziel, die Pandemie bis Ende 2030 zu beenden, will UNAIDS sich selbst überflüssig machen. Von den 36,7 Millionen AIDS-Infizierten hat jeder zweite Zugang zu Therapien: “Alle fünf Jahre haben wir die Zahl der Menschen mit lebensrettender Behandlung verdoppelt”, hatte UNAIDS-Direktor Michel Sidibé im Vorfeld des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember 2015 gesagt. Nach UNAIDS-Angaben werden zurzeit 17 Millionen therapiert. Ginge es in diesem Tempo weiter, könne AIDS gestoppt werden, so Sidibé.

 

Deshalb lautet das Ziel von UNAIDS kompakt: 90 – 90 – 90: 90 Prozent sollen in Zukunft ihren HIV-Status kennen, davon sollten 90 Prozent in antiretroviraler Behandlung sein und 90 Prozent ihre Virenlast unter Kontrolle haben. Die Chancen der Prävention nutzen, den Zugang der Infizierten zu Therapien weiter verbessern, Stigmatisierung und Diskriminierung bekämpfen und auf die Erfolge von Wissenschaft und Industrie hoffen, so soll das Ende der Krankheit besiegelt werden. Im Gespräch mit Pharma Fakten skizziert der deutsche Virologe Prof. Joachim Hauber, wie er die Zukunft der HIV-Behandlung sieht: „Die vorhandenen Kombinationstherapien werden sicherlich noch weiter verfeinert. Patienten werden künftig wohl insgesamt weniger Pillen zu sich nehmen müssen. Es ist mit Medikamenten zu rechnen, die eine Wirkung von mehreren Wochen und Monaten haben werden. Mit Sicherheit wird es künftig mehr Versuche zur Heilungsforschung geben. In zehn bis 15 Jahren ist zu erwarten, dass diese in einzelnen Fällen eine funktionelle Heilung ermöglichen.“ Dafür müssten allerdings neuartige kombinatorische Therapieansätze entwickelt werden.

Die Chancen der Prävention nutzen

Was den Experten Sorgen macht: Seit dem Höchststand 1997 konnte die Zahl der Neuinfektionen zwar um 40 Prozent gesenkt werden. Aber seit fünf Jahren sinken sie nicht mehr; in manchen Regionen nehmen sie sogar stark zu. Laut einer UNAIDS-Analyse ist die Zahl der neu mit dem HI-Virus Infizierten in Ost-Europa und Zentralasien zwischen 2010 und 2015 um 57 Prozent gestiegen. Auch in der Karibik nimmt sie wieder zu (9 Prozent), ebenso im Nahen Osten und Nord-Afrika (4 Prozent). „Die Kraft der Prävention wird nicht genutzt“, so UNAIDS-Direktor Sidibé. Die „Präventions-Lücke“ müsse dringend geschlossen werden.

Die Präventionslücke ist vor allem eine Gerechtigkeitslücke: „Access Equity Rights Now“ lautet deshalb das zentrale Thema der diesjährigen AIDS-Konferenz. Im östlichen und dem südlichen Afrika leben laut des Prevention Gap Reports von UNAIDS rund 6,2 Prozent der Weltbevölkerung, aber rund die Hälfte derer, die weltweit mit HIV infiziert sind, also rund 18 Millionen Menschen. Die Hälfte von ihnen kennt ihren HIV-Status nicht – die erste wichtige Voraussetzung, um behandeln zu können. Und es ist wiederum nur die Hälfte von dieser Hälfte, die antiretroviral behandelt werden. Zum Vergleich: In Deutschland leben 83.400 Menschen, die ihren HIV-Status kennenüber 80 Prozent von ihnen erhalten eine entsprechende Therapie.

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: