Der amerikanische Verband der forschenden Pharmaunternehmen (PhRMA) hat nachgezählt: Zwischen 1998 und 2014 wurden 123 klinische Programme zur Erforschung von Arzneimitteln gegen Alzheimer eingestellt. In der gleichen Zeit schafften es nur vier Kandidaten durch die Zulassung: Eine Quote des Scheiterns von 96,75 Prozent. Allen bisher verfügbaren Medikamenten ist gemein: Sie behandeln kognitive Symptome; sie helfen den Patienten eine Zeit lang mit den Folgen der Hirnerkrankung zurechtzukommen. Bei den Ursachen dieser Form von Demenz greifen sie bisher nicht an. Soll heißen: Eine Heilung ist in weiter Ferne. Aber das soll sich jetzt ändern.
Eine Wette mit ungewissem Ausgang
Neue Kandidaten in aufwändigen klinischen Studien zu entwickeln ist eine Wette, die die meisten unternehmerisch denkenden Menschen wohl nicht eingehen würden. Die Chancen, die Investitionen zu versenken, sind so gut wie garantiert. Unternehmer, die ausschließlich an Geld denken, würden sie nicht eingehen. Und die, die es tun, machen es, weil sie finanziell entsprechend ausgestattet sind. Denn wer heute zu einem Wirkstoff-Kandidaten Ja sagt, der weiß besser auch, wo er mehrere hundert Millionen Euro herbekommt. In der Regel geht das, weil es so etwas wie einen Innovationszyklus gibt: Zugelassene Medikamente, mit denen Unternehmen Geld einspielen, sind die Grundlage für die neuen Medikamente von morgen. Noch deutlicher: Wirtschaftlich nicht erfolgreiche Unternehmen entwickeln keine Therapien gegen Alzheimer. Zumal die Forschungskosten, wie Prof. Ulrich im Gespräch mit Pharma Fakten erläuterte, ständig steigen.
Das sollte auch wissen, wer glaubt, dass nur billige Medikamente gute Medikamente sind.
Aber das ist sowieso zu kurz gesprungen: Die gesellschaftlichen Kosten von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen werden in den USA für das Jahr 2015 auf 226 Milliarden US-Dollar geschätzt – dort leben aktuell rund fünf Millionen Menschen mit einer Alzheimer-Diagnose. 2050 könnten es fast dreimal so viele sein und die Kosten die Billionen-Grenze übersprungen haben, wenn es nicht gelingt Therapien zu entwickeln, die die Krankheit, wenn schon nicht heilen, so doch deutlich verlangsamen.
Erforschung von Alzheimer schwierig
Es gibt im Wesentlichen drei Gründe, warum die Erforschung bei Alzheimer so schwierig ist. Da ist – erstens – die Tatsache, dass die Ursache der Erkrankung bis heute noch immer nicht zweifelsfrei geklärt ist. Weitgehend Einigkeit besteht nur darüber, welche Faktoren Alzheimer auslösen können. Da ist – zweitens – der Mangel an Tiermodellen, was eine große Hürde beim Testen von Wirkstoffen in der Präklinik darstellt. Und schließlich fehlen nicht-invasive Biomarker, also Parameter, die es ermöglichen, z.B. den Krankheitsfortschritt zu messen, ohne den Patienten zu verletzen. Deshalb ist die Durchführung klinischer Studien schwierig und langwierig.
Trotzdem: Aktuell zählt PhRMA 77 Kandidaten in der Entwicklung – davon immerhin 21 in Phase III. Die Hoffnung ist, dass sich die Ausfall-Quote in Zukunft deutlich verbessert. Denn in jedem Scheitern eines Kandidaten steckt ein immenses Lernpotenzial, dass künftigen Forschungsprogrammen zu Gute kommt.
Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, die von dem deutschen Psychiater und Neuropathologen Alois
Alzheimer vor 110 Jahren das erste Mal beschrieben wurde. Sie ist die häufigste Form der Demenz. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gilt sie heute als eine der größten Herausforderungen der Gesundheits- und Sozialsysteme. In Deutschland gelten bis zu 1,6 Millionen Menschen als an Demenz erkrankt; 2050 könnten es bereits mehr als 2,6 Millionen sein.
Weiterführende Links: