Seit 2010 vergleicht Deloitte das in Forschung und Entwicklung (F&E) investierte Kapital zwölf führender, forschungsorientierter Pharma-Unternehmen* und setzt sie in Beziehung zu den erwarteten Einnahmen, die mit den Medikamenten erzielt werden können. Die Rendite auf das eingesetzte Kapital von unter vier Prozent, die die Forscher für 2016 errechnet haben, ist die niedrigste seit dem Start der Studie (siehe Grafik). Einen Grund dafür sehen die Autoren im zunehmenden Preisdruck, dem die Unternehmen ausgesetzt sind.
Seit 2010 haben die untersuchten zwölf Unternehmen 233 neue Arzneimittel auf den Markt gebracht, die nach den Hochrechnungen weltweit 1.538 Milliarden Dollar an Einnahmen einbringen sollen. Im gleichen Zeitraum haben dieselben Unternehmen 376 Projekte in die späte klinische Entwicklungsphase überführt. Deloitte prognostiziert für sie Einnahmen von rund 1.697 Milliarden Dollar. Das zeigt: Die forschenden Pharmaunternehmen sind in Sachen F&E hoch produktiv.
Teure Forschung – weniger Einnahmen
Allerdings hat sich der Trend, dass die Rendite auf das für F&E eingesetzte Kapital sinkt, im Untersuchungszeitraum fortgesetzt. Das zeigt sich auch an den durchschnittlichen Spitzenumsätzen (peak sales) pro Medikament: Die berechnen die Studienautoren für das Jahr 2016 auf rund 400 Millionen Dollar – sie haben sich seit 2010 halbiert. Gleichzeitig stagnieren die Entwicklungskosten bei rund 1,5 Milliarden Dollar pro Medikament. Während die Kosten für die Entwicklung neuer Medikamente also hoch bleiben, sinken die möglichen Einnahmen. Das liegt auch daran, dass Medikamente immer spezialisierter eingesetzt werden – und deshalb die potenziellen Patientengruppen pro zugelassenem Arzneimittel kleiner werden.
Für die forschende Pharmaindustrie ist der Rückgang der erwarteten Einnahmen ein „echtes Problem“, so Studienautor Colin Terry: „Während die Kosten pro Produkt hoch bleiben, fallen die Umsatzerwartungen. Vor dem Hintergrund, dass die Industrie mehr als 14 Jahre braucht, um ein Arzneimittel zuzulassen, müssen Themen wie Produktivität und Innovationsrenditen ernsthaft diskutiert werden.“
Deloitte sieht in der Studie einen soliden Ausgangspunkt für einen Dialog zwischen der Industrie und den Entscheidern im Gesundheitswesen. Sie soll helfen, das Kosten-Nutzenverhältnis innovativer Medikamente zu bestimmen und die Auswirkungen verminderter Anreize für die Schaffung von Innovationen auf den medizinischen Fortschritt zu verstehen.
Ausdrücklich machen die Autoren darauf aufmerksam, dass ihre Studie eine Modellrechnung ist und deshalb nicht perfekt sein kann – u.a., weil die Messung des internen Returns auf F&E sehr komplex ist. Trotzdem sehen sie in ihrer Untersuchung einen wichtigen Beitrag zu einer konsistenten und objektiven Messung der Industrie-Performance.
Bleibt die Frage, warum sich landaus, landein die Meinung durchgesetzt hat, dass die pharmazeutische Industrie eine Lizenz zum Gelddrucken hat. Nach dieser Meinung sind hohe Umsatzrenditen Ausweis überhöhter Gewinne. Die Deloitte-Studie geht hier einen anderen Weg: Sie fragt nach dem Gewinn aus dem eingesetzten Kapital – so wie das auch jeder Privatanleger tut.
*Die Unternehmen sind: Amgen, AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Eli Lilly, GlaxoSmithKline, Johnson & Johnson, Merck & Co, Novartis, Pfizer, Roche, Sanofi und Takeda.